"Transparenz zeigt Forschungsstärke" - zum dritten Mal haben Pharmaunternehmen die Leistungen an Ärzte veröffentlicht. Foto: © iStock.com/ijeab
"Transparenz zeigt Forschungsstärke" - zum dritten Mal haben Pharmaunternehmen die Leistungen an Ärzte veröffentlicht. Foto: © iStock.com/ijeab

Regulierungswut untergräbt die Qualität der Versorgung

Im deutschen Gesundheitswesen wird gerne reguliert. Problematisch wird es, wenn sich Regulierungen widersprechen. Auf regionaler Ebene sollen Quoten das Verordnungsverhalten der Ärzte steuern – mit so genannten Verordnungszielwerten. Diese legen fest, wie hoch der Verordnungsanteil von Medikamenten in bestimmten Wirkstoffklassen sein darf. Medizinisch sind solche Quoten wohl nur schwer zu begründen – vor allem, wenn es Medikamente trifft, denen auf nationaler Ebene ein Zusatznutzen zugesprochen wurde. Es ist ein Fest für Bürokraten – einer besseren Versorgung der Patienten dient es nicht.

Empagliflozin ist ein Antidiabetikum aus der Klasse der SGLT-2-Inhibitoren. Es hat in Studien belegt, dass es die Sterblichkeit von Diabetes Typ 2-Patienten als Folge kardiovaskulärer Komplikationen oder das Risiko für Krankenhauseinweisung aufgrund von Herzinsuffizienz um über ein Drittel reduzieren kann. Ein „beträchtlicher Zusatznutzen“ im AMNOG-Verfahren war der Lohn. Damit ist es amtlich: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) erkennt an, dass das Medikament einen Fortschritt für die Behandlung der chronischen Erkrankung bedeutet. Das AMNOG ist nur die erste Hürde für ein innovatives Medikament auf dem Weg zum Patienten. Die nächste Hürde lauert auf regionaler Ebene.

Zum Beispiel in Baden-Württemberg. Dort legt die „Arzneimittelvereinbarung 2017“ Verordnungsquoten fest. Arzneimittelvereinbarungen sind Verträge zwischen den jeweiligen regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen und setzen enge Leitplanken. So darf der Verordnungsanteil für die Wirkstoffklassen der SGLT-2-Inhibitoren und der GLP-1-Analoga (auch hier gibt es nutzenbewertete Substanzen mit einem verhandelten Erstattungspreis) nur maximal drei Prozent sein. In 2015 machten die beiden Wirkstoffklassen rund sechs Prozent aus. Die Ärzte müssen sich also zurückhalten und die Verordnungen halbieren. Es ist durchaus damit zu rechnen, dass Patienten umgestellt werden müssen.

Nach dem AMNOG ist vor der regionalen Arzneimittelsteuerung

Diese Form der sich widersprechenden Mehrfachregulierung konterkariert die Idee des Gesetzgebers, der mit der Einführung der frühen Nutzenbewertung neuer Medikamente (AMNOG-Verfahren) eigentlich für Sicherheit im Verordnungsalltag sorgen wollte.  Doch nun gilt: Nach der Nutzenbewertung ist vor der regionalen Arzneimittelsteuerung. Denn auf die Regulierungshürde auf nationaler Ebene (AMNOG) folgen regionale Hürden (Arzneimittelsteuerung), die ersterer nicht nur widersprechen, sondern sich auch noch von KV- zu KV-Region unterscheiden können. Damit aber werden die hehren Ziele des AMNOG unterlaufen: Die Versorgung von Patienten in Deutschland mit innovativen Therapien bleibt durch ein mit dem Rechenschieber diktiertes Verordnungsverhalten auf der Strecke.

Letztlich dürfte das teuer erkauft sein. Denn chronische Erkrankungen wie Diabetes können im Verlauf einer Krankheitsgeschichte eine stark ansteigende Kostenkurve haben: Teuer ist in der Regel nicht die Behandlung der Krankheit selbst. Teuer sind die Folgekomplikationen, die entstehen, weil Patienten nicht nach dem Stand des Wissens und der Möglichkeiten behandelt werden.

Verwandte Nachrichten

Anmeldung: Abo des Pharma Fakten-Newsletters

Ich möchte per E-Mail News von Pharma Fakten erhalten: