Dass zwischen Kliniken, Forschungsinstituten, Ärzten und anderen Fachkreisangehörigen auf der einen Seite und Pharmaunternehmen auf der anderen Seite Gelder fließen, finden manche Menschen befremdlich. Deshalb hat die forschende Pharmaindustrie vor Jahren beschlossen, in die Offensive zu gehen. Denn, so Birgit Fischer, Geschäftsführerin beim Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa): „Transparenz ist kein Selbstzweck. Sie macht vielmehr Zusammenhänge deutlich. Und sie macht nachvollziehbar, wie medizinischer Fortschritt entsteht: Durch den Wissenstransfer zwischen Ärzten und Industrie.“ Auf rund 605 Millionen Euro haben der vfa und der Verein „Freiwillige Selbstkontrolle für die Arzneimittelindustrie“ (FSA) die im Jahr 2017 geflossenen Leistungen geschätzt. Die Zahlen im Einzelnen:
- Von den rund 605 Millionen Euro ging ein großer Teil direkt in die Forschung (398 Mio. €). Es sind rund 66 Prozent der Aufwendungen. Das sind z.B. Gelder für klinische Studien und Anwendungsbeobachtungen.
- 105 Millionen Euro wurden für Vorträge und Fortbildungen gezahlt. Sie sind ein wichtiges Instrument des Wissenstransfers – denn erfolgreiche Forschung findet ohne Vernetzung nicht statt. Birgit Fischer: „Forschung ist die beste Medizin, aber sie kann nur helfen, wenn ihre Ergebnisse geteilt und weiterentwickelt werden“.
- Dies gilt auch für den dritten Posten – die Ausgaben für die Unterstützung von Veranstaltungen, Kongressen und der Arbeit medizinischer Institutionen in Höhe von 102 Millionen Euro. Gerade Fachkongresse sind ein wissenschaftlicher „Marktplatz“, auf denen wissenschaftliche Fragestellungen diskutiert werden.
Für die Pharmaunternehmen sind die Zahlen Ausdruck eines lebendigen Forschungsstandortes. Für Deutschland gilt: In keinem anderen Land außer in den USA werden mehr klinische Studien durchgeführt. Davon profitiert der Wissensstandort. Davon profitieren Ärzte und Krankenhäuser und damit Patienten, weil ihnen medizinische Innovationen früh zur Verfügung stehen. Denn hinter den ausgewiesenen Geldern stehen konkrete Projekte. Und ohne diese in Projekte gegossene Zusammenarbeit unter diesen „Playern“ im Gesundheitswesen würde aus medizinischem Fortschritt Stillstand. „Mediziner wissen, was ihre Patienten brauchen. Und Arzneimittelhersteller, was ihre Medikamente können“, so vfa-Chefin Fischer. „Wenn das Wissen beider zusammenkommt, kann Patienten geholfen werden.“ So sorgen Ärzte und Industrie gemeinsam für eine bessere Medizin.
Einmal im Jahr stellen die am Transparenzkodex teilnehmenden Unternehmen – es sind insgesamt 55 – die Projekte und Zahlen zusammen und veröffentlichen sie auf ihren Webseiten. Sie stehen für 75 Prozent des deutschen Pharmamarktes. Wo möglich, werden die Leistungen namentlich zugeordnet. Wo das nicht möglich ist, werden die Einzelprojekte addiert und als Gesamtsumme ausgewiesen. Eine namentliche Veröffentlichung ist nur möglich, wenn der jeweilige Arzt zustimmt. FSA und vfa schätzen, dass sich dazu rund 20 Prozent der Mediziner entschlossen haben. Die Zahl ist rückläufig – eine Tatsache, die FSA-Geschäftsführer Holger Diener bedauert. Ein Grund, die Initiative deshalb in Frage zu stellen, ist das für ihn nicht: „Wir stehen auch weiterhin zu dieser Initiative. Wir wünschen uns daher im Sinne der Patienten einen von Fairness geprägten Dialog, um die Bereitschaft von Ärzten zur individuellen Nennung zu erhöhen.“ Dies dürfte ein Hinweis auf vereinzelte Berichte in den Vorjahren sein: Ärzte, die damit rechnen müssen, dass die für konkrete Projekte geflossene Gelder mit „Gefälligkeiten“ gleichgesetzt werden, dürften wenig Lust für eine öffentliche Nennung verspüren.