Biopharmazeutika sind anders. Anders als das, was man als klassische Medikamente bezeichnen würde. Denn letztere entstehen durch chemische Synthese, sind meist vergleichsweise einfach herzustellen und in Tablettenform erhältlich. Dagegen sind biopharmazeutische Wirkstoffe hochkomplex; sie können schon mal aus rund eintausend Atomen bestehen. Ihre Herstellung aus lebenden Zellen stellt hohe Anforderungen an Technik, Knowhow, Erfahrung und Produktionsbedingungen. Sie werden meist gespritzt oder infundiert. Vor allem aber haben sie neue Möglichkeiten eröffnet, hochkomplexe, schwer zu behandelnde Erkrankungen zu therapieren. Als Pionier dieser Medikamentenklasse gilt das 1982 zugelassene Humaninsulin zur Behandlung von Diabetes. Es kam gerade zur rechten Zeit: Ohne Gentechnik hätte schon ab Mitte der 1990er Jahre die Insulinproduktion aus Schlachttieren nicht mehr zur Behandlung aller darauf angewiesener Diabetiker ausgereicht. Insgesamt gilt: Die großen Fortschritte in der Medizin – sei es bei Autoimmunerkrankungen, Krebs oder auch seltenen Erkrankungen – wären ohne biopharmazeutische Produkte nicht denkbar.

Biopharmazeutika: Die Bedeutung für die Versorgung wird weiter steigen
Das Jahr 2017 war das Jahr der Biopharmazeutika. Von 45 neu zugelassenen Medikamenten entfielen 23 auf biopharmazeutische Medikamente – ein Anteil von 51 Prozent (s. Grafik). Es ist ein doppelter Rekord: Noch nie gab es in einem Jahr so viele Zulassungen in diesem Bereich und erstmals übertrafen die Zulassungen die der klassischen Medikamente. 10 von 23 neue Zulassungen gehen auf das Konto von Biosimilars – also den Nachahmerprodukten von Biopharmazeutika, die den Patentschutz verloren haben.
Nach Umsatz haben biopharmazeutische Produkte mittlerweile einen Marktanteil von 26 Prozent: „Ausschlaggebend für diese Umsatzentwicklung sind weiter zunehmende Verordnungen aufgrund des hohen Bedarfs. Denn mit Biopharmazeutika lassen sich einige Therapien verwirklichen, die anders nicht möglich wären, etwa in der Immunonkologie oder der Behandlung bestimmter Stoffwechselerkrankungen“, so Dr. Frank Mathias, Vorsitzender von vfa bio und Chef der Rentschler Biopharma SE. Der vfa bio-Report zählt 639 Kandidaten auf, die sich zurzeit in der klinischen Erprobung befinden.
Biopharmazeutika: Forderung nach steuerlicher Forschungsförderung
Aber Biopharmazeutika sorgen nicht nur für bessere therapeutische Möglichkeiten. Ihre Entwicklung und Produktion sind ein echtes Pfund für einen lebendigen Forschungs- und Wissensstandort. 47.000 Menschen arbeiten zurzeit in Deutschland in dieser Branche – ein Plus von 6,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Es sind zumeist hochqualifizierte Jobs. Mathias: „Dies alles zeigt, dass die medizinische Biotechnologie weltweit noch an Bedeutung zunehmen wird. Doch andere Länder tun mittlerweile weitaus mehr als Deutschland, um sie bei sich zu entwickeln. Wenn Deutschland nicht zurückstehen und im Gegenteil sogar mehr Anteil an der Wertschöpfung haben möchte – also an Forschung, Entwicklung und Produktion – dann ist es gut beraten, den zugrunde liegenden Innovationszyklus nachhaltig zu unterstützen. Dazu gehört, das Gesundheitssystem innovationsoffen zu gestalten.“ Er erinnert daran, dass fast alle Wettbewerberländer eine steuerliche Forschungsförderung eingeführt haben und fordert das auch für Deutschland: „Unternehmen wie Investoren brauchen Signale, dass es sich lohnt, gerade in Deutschland weiter Geld und Grips für die Entwicklung neuer Biopharmazeutika aufzuwenden.“