Auf mehr als 400 Seiten teilt der dänische Biologe, Chemiker und Arzt gegen die gesamte Pharmaindustrie aus. Mit reißerischen Vokabeln spart der einstige Pharma-Angestellte kaum. So setzt er pharmazeutische Unternehmen sogar mit einer Verbrechensorganisation wie der Mafia gleich. Nach seiner Auffassung lägen bei ihnen Verhaltensweisen wie das bewusste in Kauf nehmen von Todesfällen, Täuschung der Justiz sowie Einschüchterungen vor. Als Beleg dafür wertet er die Androhung von juristischen Schritten gegen Kritiker, die Nebenwirkungen monierten. Einen echten Beweis bleibt Götzsche jedoch schuldig.
Vergleich mit der Mafia
Der einzige rote Faden im Buch ist der radikale Ton, den der Buchautor durchgängig anschlägt. Er zieht sich bei einem weiteren Beispiel durch. So fordert Götzsche unabhängige Klinische Studien ohne die Beteiligung von Pharmafirmen ein. Dabei lässt der Autor jedoch außer Acht, dass diese behördlich überwacht werden. Die Unternehmen haben keinesfalls freie Hand, wie es der Verfasser suggerieren will. Und er ignoriert, dass Arzneimittelbehörden Zugriff auf alle Daten haben. Wie das Ganze dann finanziert werden soll, erwähnt Götzsche nicht. Genauso wenig, dass den Universitäten, die meist in diesen Studien eingebunden sind, nicht ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um diese durchzuführen.
Götzsche stellt Patente in Frage
Radikal auch eine weitere Forderung: Götzsche will Patente für Arzneimittel abschaffen. Stattdessen sollen Pharmaunternehmen bei einer Zulassung eine Prämie ausgezahlt bekommen. Auf diese Weise könnten die Arzneien schnell nachgebaut und weltweit allen Menschen zur Verfügung gestellt werden. Vorausgesetzt die Forderung nach ausschließlich universitärer Forschung im Arzneimittelbereich werde ebenfalls umgesetzt, wäre dies die De-facto-Abschaffung der Arzneimittelindustrie. Staatlich ausgehandelte Prämien bei Medikamenten dürften die Investitionsbereitschaft von Pharmaunternehmen kaum beflügeln. Dass ein Staat, der all die Medikamente bezahlt hat, diese verwalten muss und dann noch für eine weltweite Versorgung verantwortlich ist, scheint ebenfalls kaum realitätsnah.
Es sind diese und andere radikale Ausführungen des dänischen Autors in „Tödliche Medizin und Organisierte Kriminalität“, die ihm in der Öffentlichkeit wohl Gehör verschaffen werden. Einen vielversprechenden Beitrag zu einem kritischen Dialog stellen sie jedoch nicht dar.