Sie ist die häufigste entzündliche Erkrankung der Gelenke: Bei der rheumatoiden Arthritis (RA) greift das fehlgesteuerte Immunsystem aus einer Überreaktion heraus die Gelenkinnenhaut des Betroffenen an. Es entsteht eine Entzündung – zu den Symptomen gehören schmerzhafte Schwellungen, Versteifungen und Erschöpfung.
Trotz erheblicher Fortschritte in der Behandlung vor allem durch biologische Medikamente (s. Pharma Fakten) kämpfen noch immer einige Patienten damit, die Erkrankung unter Kontrolle zu bekommen; sie sprechen nur unzureichend auf bestehende Therapieoptionen an. „Außerdem gibt es zur Zeit keine zugelassenen Arzneimittel für die frühen Krankheitsphasen der rheumatoiden Arthritis“, schreibt die Innovative Medicines Initiative (IMI) (s. Infokasten) auf ihrer Webseite. Dank Förderung durch die IMI läuft seit September 2017 bis ins Jahr 2022 nun das Projekt „Rheuma Tolerance for Cure (RTCure)“. Die Hoffnung: neuartige Therapien, die die Erkrankung von vornherein bzw. das Fortschreiten verhindern können.
Krankheitsmechanismen der rheumatoiden Arthritis erforschen
Um das zu schaffen, fokussieren sich die Forscher des Projektes – mit dabei Pharmaunternehmen wie Bristol-Myers Squibb, GlaxoSmithKline, Janssen, Pfizer und Sanofi – auf die zugrundeliegenden Ursachen und Mechanismen der Erkrankung.
Die Europäische Kommission als IMI-Partner erklärt dazu: „Obwohl Rheumatologen ein gutes Verständnis davon haben, wie ein überreagierendes Immunsystem Entzündungen bei Patienten mit rheumatoider Arthritis verursacht, sind die Gründe, warum das Immunsystem überhaupt damit beginnt Gelenkgewebe anzugreifen, wenig bekannt.“ Die bislang zur Verfügung stehenden Medikamente konzentrieren sich daher zum Beispiel auf Botenstoffe, die in den Entzündungsprozessen eine wichtige Rolle spielen. „Die große Mehrheit [der Patienten] ist ihr Leben lang auf immunsuppressive und anti-rheumatische Medikamente angewiesen, um Schmerzen zu lindern und die Funktion der Gelenke aufrechtzuerhalten.“
Rheumatoide Arthritis: möglichst früh erkennen und behandeln
RTCure möchte das ändern. „Die Art von Therapie, die das RTCure-Projekt entwickeln möchte, könnte den Umgang mit rheumatoider Arthritis weltweit verändern“, meint Martina Johannesson vom schwedischen Karolinska-Institut. Sie hofft auf eine Remission – eine Art „Stillstand“ – der Erkrankung ohne, dass dauerhaft Medikamente benötigt werden.
„Bei RTCure wollen wir die Erkrankung so früh wie möglich identifizieren und behandeln – bevor Schaden entsteht.“ Ziel ist es, die Autoimmunantwort zu blockieren: Funktionieren soll dies mit Therapien, die eine Immuntoleranz – also eine verminderte Reaktion des Immunsystems – erzeugen und so verhindern, dass das Immunsystem sich gegen die körpereigenen Zellen richtet. RTCure geht es dementsprechend nicht nur um rheumatoide Arthritis im Anfangsstadium, sondern auch um Patienten, die noch gar keine Patienten sind – aber ein hohes Risiko haben, zu erkranken.
Menschen mit hohem Risiko für rheumatoide Arthritis identifizieren
Doch wie findet man Menschen, die bislang unter keiner Gelenkentzündung leiden – es zukünftig aber vermutlich werden? Um das herauszufinden, suchen die Wissenschaftler nach gewissen Biomarkern bzw. bestimmten Risikofaktoren und analysieren wie sie mit dem möglichen Ausbruch der Erkrankung zusammenhängen. Die Erkenntnisse sollen in ein Register einfließen, das auch für zukünftige Forschung zur Verfügung steht. Darüber hinaus möchte RTCure Instrumente entwickeln, um das Fortschreiten der rheumatoiden Arthritis sowie die Behandlung überwachen zu können.
Die EU-Kommission ist sich sicher: „Indem es diverse Patienten und Biomarker untersucht, wird RTCure den Grundstein für die Entwicklung und den Gebrauch verschiedener Medikamente basierend auf spezifischen, individuellen Erkrankungsmerkmalen legen.“ „Zielgerichtet“ und „personalisiert“ lauten die Schlagworte. Johannesson fügt hinzu: „Die potenzielle Auswirkung von RTCure auf die Prävention und Behandlung rheumatoider Arthritis ist bedeutend. […] Dieser Behandlungsansatz könnte bei vielen Menschen von vornherein verhindern, dass sie Autoimmunerkrankungen entwickeln und könnte zu effektiveren Therapien für die jetzigen Patienten führen“. Letztendlich würden dadurch Gesundheitskosten sowie verlorene Arbeitstage reduziert und die Lebensqualität der Betroffenen erhöht, resümiert die Wissenschaftlerin.