Statine kommen im Kampf gegen erhöhte Cholesterinspiegel zum Einsatz. 1987 wurde der erste Vertreter (in den USA) zugelassen – weitere folgten über die Jahre. Sie waren echte Innovationen – und über Patente geschützt. Schließlich sind sie der Anreiz für Forschungsinvestitionen.
Um das Jahr 2003 liefen diese Patente ab. Preisgünstigere Generika kamen auf den Markt. Dies hat „dazu geführt, dass zwar die Verordnungszahl deutlich gestiegen, der entsprechende Umsatz aber gleichzeitig stark gefallen ist“, schreibt das Institut für Gesundheitsökonomik (IfG) in einer Publikation, die mit Unterstützung von Bristol-Myers Squibb entstanden ist.
Generika machen 90 Prozent bei kardiovaskulärer Therapie aus
Laut IQVIA machen Generika unter allen kardiovaskulären Therapeutika nach der Abgabemenge im deutschen Apothekenmarkt inzwischen 90 Prozent aus (2018). „Dahinter stehen etwas mehr als 183 Mio. Packungen.“ Die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erfolge demnach v.a. mit älteren Produkten: „über 70 Prozent der generischen Medikamente wurden im Zeitraum vor bzw. bis einschließlich 2009 eingeführt, 28 Prozent zwischen 2010 und 2016 und knapp 2 Prozent in den letzten zwei Jahren.“
„Alt“ heißt in dem Fall „bewährt“. „Die Anwendung und Wirkweise verfügbarer Herz-Kreislauf-Therapien gilt als gut belegt, und es existiert heute viel Wissen über die verschiedenen Erkrankungen sowie deren Bedingungsfaktoren“, erklärt IQVIA. Die Wissenschaftler des Unternehmens wollten trotzdem weitere Erkenntnisse gewinnen – Basis bildet die Versorgungsforschung.
Mit Daten aus Real World neue Erkenntnisse generieren
So haben sie kardiovaskuläre Hochrisikopatienten mit erhöhtem Cholesterinspiegel (Hypercholesterinämie) genauer untersucht: Grundlage waren anonymisierte Behandlungsverläufe aus allgemeinärztlichen Praxen. Eine Gruppe mit je ca. 50.000 Patienten erhielt eine hochdosierte Statin-Therapie; die andere mit ebenfalls etwa 50.000 Patienten bekam unterschiedlich dosierte Statine, „entweder ohne oder in Kombination mit einem weiteren Lipidregulator“. Das Ziel der Untersuchung war es „festzustellen, wie viele Patienten in einem Untersuchungszeitraum von wenigstens 12 Monaten definierte LDL-Cholesterin-Zielwerte erreichten oder nicht.“ Letztendlich kamen die Forscher zu dem Schluss, dass die Prävalenz kardiovaskulärer Hochrisiko-Patienten mit einer therapieresistenten Hypercholesterinämie in Deutschland beträchtlich sein muss. Dieses Ergebnis sei u.a. „hinsichtlich zukünftiger Therapiestrategien bedeutsam“, heißt es dazu bei IQVIA.
Die Untersuchung zeige zudem, wie aus Daten der „Real World“, also aus dem Versorgungsalltag, „auch mit bewährten Medikationen und zu gut untersuchten Krankheitsbildern neue Erkenntnisse zu Forschungsfragen generiert werden können.“ Laut IQVIA bedeute das aber nicht, dass weitere Arzneimittelforschung „obsolet“ wäre – im Gegenteil.
Herz-Kreislauf: weiterhin viel zu erforschen
Aktuell wird beispielsweise im Bereich der „Advanced Therapies“ geforscht:
Dazu gehören Gen- und Zelltherapeutika sowie biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte. „Der Anteil des Herz-Kreislauf-Bereiches an Medikamenten dieser Art, die sich mehrheitlich noch in der Entwicklung befinden, beträgt nach IQVIA-Recherchen immerhin 5 Prozent. Fettstoffwechselstörungen bilden dabei neben dem Myokardinfarkt eine der wichtigen Indikationen“. Ein weiteres Gebiet ist die gentherapeutische Forschung bzw. die Suche nach genetischen Besonderheiten, die Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen. „Auch den Ursachen angeborener Herzerkrankungen wollen die Forscher so auf die Spur kommen“, schreibt das Beratungsunternehmen.