© Pharma Fakten e.V.
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176 Zulassungen werden überprüft

Die indische Firma GVK Biosciences steht im Verdacht, bei Studien für die Zulassung von Generika schwere Fehler begangen zu haben. Betroffen sind dadurch auch Medikamente auf dem deutschen Markt. Für die ersten Arzneimittel wurde bereits die Suspendierung angeordnet. Gesundheitsgefahren gebe es jedoch nicht.

Bei einer Vielzahl an sogenannten Bioäquivalenzstudien soll Clinogent (eine Tochter von GVK Biosciences) in den Jahren 2008 bis 2013 schwere Fehler begangen haben, so die Recherchen von Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR. Die Studien sind Voraussetzung für die Zulassung der Generika auf dem deutschen und europäischen Markt. In ihnen wird nicht die Wirksamkeit, sondern die Verstoffwechselung des Wirkstoffs getestet. Sind die eingereichten Daten aufgrund der Mängel falsch, droht dem Medikament ein Ruhen der Zulassung: Bis neue Daten eingereicht sind, muss es dann vom Markt genommen werden.

Zahl der betroffenen Arzneimittel nicht bekannt

Das könnte Medikamenten von insgesamt 28 Pharmaherstellern blühen, wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) heute mitteilte. Im Rahmen eines Anhörungsverfahrens werden derzeit insgesamt 176 Zulassungen überprüft. Maik Pommer, Sprecher des BfArM, wies aber auf Anfrage darauf hin: „176 Zulassungen bedeuten nicht, dass 176 Medikamente aus der Apotheke betroffen sind.“ Für jeden Artikel werde eine Zulassung benötigt. Drei verschiedene Wirkstärken eines Medikamentes sind beispielsweise drei verschiedene Zulassungen. Die Gesamtzahl der von Suspendierungen betroffenen Medikamente könne erst nach Abschluss der Prüfungen bekanntgegeben werden. Welche Unternehmen und Arzneimittel betroffen sind, dazu wollte sich das BfArM auf Nachfrage nicht äußern.

Hexal-Medikament unter falschem Verdacht

Das einzige Medikament, das in den Medien genannt wurde, zählt zumindest nicht zu den Suspendierungs-Kandidaten: Die Firmal Hexal soll mit dem Antihistaminikum Fexofenadin betroffen sein. Die Zulassungsstudie des Präparates wurde aber laut einem Hexal-Sprecher bereits 2004 durchgeführt – und es gebe bisher keine Erkenntnisse, dass diese Studie manipuliert wurde. Bestärkt sieht man sich bei Hexal durch eine weitere, erst kürzlich durchgeführte Studie, die nicht von dem beschuldigten Unternehmen stammt. „Diese Daten bestätigen den Nachweis der Bioäquivalenz des Hexal-Produkts und wurden umgehend der Europäischen Arzneimittelbehörde zur Bewertung vorgelegt. Es bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für Patienten“, sagte ein Sprecher von Hexal gegenüber Pharma Fakten.

Leere Apotheken sind nicht zu befürchten

Wird ein Medikament suspendiert, muss das nicht bedeuten, dass die betroffenen Arzneimittel für lange Zeit aus den Apotheken verschwinden. Bioäquivalenzstudien können innerhalb weniger Wochen durchgeführt werden. Seit August hatten die betroffenen Pharmaunternehmen also ausreichend Zeit, neue Studien durchzuführen und einzureichen. Ob die Unternehmen diese Gelegenheit wahrgenommen haben, wird sich nach Zustellung der Bescheide zeigen.

„Zulassung braucht saubere Studien“

Die Verbände der Pharmaindustrie sprechen sich für eine lückenlose Aufklärung aus. „Wenn es sich bestätigt, dass die Studienergebnisse gefälscht wurden, handelt es sich um ein schweres kriminelles Vergehen“, sagt Rolf Hömke, Sprecher des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (vfa). Es müsse verhindert werden, dass sich so ein Fall wiederholen könne. Auch Joachim Odenbach, Sprecher des Bundesverbandes der pharmazeutischen Industrie (BPI), unterstreicht: „Es ist unser ureigenstes Interesse, dass die Zulassung von Arzneien auf sauberen Studien basiert.“

Ausgelöst hatte die groß angelegte Überprüfung eine Standarduntersuchung der französischen Arzneimittelbehörde ANSM. Die hatte im Frühjahr bei neun Stichproben neun Fälle von Fälschungen bei Bioäquivalenzstudien von Clinogent festgestellt und dies an die zuständige EU-Behörde weitergeleitet. Die Koordinierungsgruppe für Verfahren der gegenseitigen Anerkennung der EU (CMDh) hatte Ende Juli auf ihrer Sitzung beschlossen, alle Generika-Zulassungen zu erfassen, die auf zwischen 2008 und 2013 durchgeführten Studien bei Clinogent beruhen. Das BfArM hatte dann die Pharmaunternehmen in Deutschland mit der Bitte um Meldung angeschreieben.

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