In den nächsten 30 Jahren könnten weltweit 11 1 Millionen Kinder an Krebs sterben  wenn nicht mehr Geld in Gesundheitsversorgung investiert wird. Foto: ©iStock.com/Katarzyna Bialasiewicz
In den nächsten 30 Jahren könnten weltweit 11 1 Millionen Kinder an Krebs sterben wenn nicht mehr Geld in Gesundheitsversorgung investiert wird. Foto: ©iStock.com/Katarzyna Bialasiewicz

Krebs bei Kindern: Über 6 Millionen Todesfälle verhindern

Es sind düstere Zahlen, die Wissenschaftler im Fachmagazin „The Lancet Oncology“ prognostizieren: 11,1 Millionen Kinder im Alter 0 bis 14 Jahren werden zwischen 2020 und 2050 weltweit an Krebs sterben, heißt es darin. Doch es gibt Hoffnung: Mehr als die Hälfte dieser Todesfälle könnte verhindert werden. Die Voraussetzung: Die Weltgemeinschaft muss mehr Geld in den Ausbau der Gesundheitsversorgung investieren. Das lohnt sich – auch finanziell, sagen die Experten.

Wird ein Kind eine Krebserkrankung überleben – und wenn ja, wie gut? Die Antwort auf diese Frage hängt nach wie vor stark davon ab, wo es geboren wurde. „Die 5-Jahres-Überlebensrate über alle pädiatrischen Tumorformen hinweg beträgt in Ländern mit niedrigem Einkommen weniger als zehn Prozent; rund 50 Prozent in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen – und über 80 Prozent in Ländern mit hohem Einkommen“, so die Onkologen Christopher M. Booth und Nazik Hammad. Die große Mehrheit der Todesfälle (84,1 %), die Experten für den Zeitraum von 2020 bis 2050 durch Krebs bei Kindern erwarten, wird in den ärmeren Regionen der Welt auftreten. Das geht aus dem Bericht „Sustainable care for children with cancer“ – erschienen im Fachmagazin „The Lancet Oncology“ – hervor.

Krebs bei Kindern: Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt in ärmeren Ländern weniger als 10 Prozent. CC0 (Stencil)
Krebs bei Kindern: Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt in ärmeren Ländern weniger als 10 Prozent. CC0 (Stencil)

Darin haben zahlreiche Wissenschaftler um den Harvard-Forscher Rifat Atun einen Blick auf die kommenden 30 Jahre geworfen: „Wir schätzen, dass es zwischen 2020 und 2050 weltweit 13,7 Millionen neue Krebserkrankungen bei Kindern geben wird“. Über sechs Millionen (44,9 %) davon werden jedoch nie diagnostiziert werden, befürchten sie. Gemäß ihren Hochrechnungen gehen sie davon aus, dass mehr als elf Millionen 0- bis 14-Jährige in diesem Zeitraum an einem Tumor sterben werden, wenn das Leistungsniveau, auf dem sich die Gesundheitssysteme weltweit befinden, nicht angehoben wird. Das gilt vor allem für ärmere Länder – etwa in Subsahara-Afrika.

Krebs bei Kindern in den Fokus rücken

David Collingridge – Chefredakteur von „The Lancet Oncology“ – und sein Stellvertreter Allison Landman kommentieren die Ergebnisse der Experten wie folgt: „Kinderkrebs ist ein emotionales Thema. Es ist einfach zu sagen, dass alle Kinder mit Krebs Zugang zu einer sicheren, qualitativ hochwertigen Versorgung haben sollten, die es ihnen erlaubt, zu überleben, zu gedeihen und ihr Potenzial auszuschöpfen. Die Zukunft unserer Gesellschaften hängt davon ab.“ Doch gerade Betroffene in Regionen mit schwachen Gesundheitssystemen können oft nur begrenzt vom medizinischen Fortschritt profitieren – zum Beispiel, wenn Diagnosen verspätet oder gar nicht gestellt werden.

„Bemerkenswerterweise“ spielte Kinderkrebs auf der globalen Gesundheitsagenda lange Zeit kaum eine Rolle, meinen Collingridge und Landman. Das änderte sich erst, als die Weltgesundheitsversammlung  das Thema im Jahr 2017 in die damals beschlossene Krebs-Resolution aufnahm. 2018 rief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) daraufhin die „Global Initiative for Childhood Cancer“ ins Leben. Ihr Ziel: bis 2030 weltweit eine Überlebensrate von mindestens 60 Prozent bei Kinderkrebs zu erreichen.

Krebs bei Kindern muss in den Fokus rücken. Foto: ©iStock.com/Katarzyna Bialasiewicz
Krebs bei Kindern muss in den Fokus rücken. Foto: ©iStock.com/Katarzyna Bialasiewicz

Ausgaben für Gesundheit: Investition in die Zukunft

Doch bis zur Erreichung dieses Ziels ist noch viel zu tun. Die Studie von Atun und seinen Kollegen gibt einen Weg vor: Investiert die Weltgemeinschaft verstärkt in einen besseren Zugang zu Primärversorgung, zu Fachärzten und Behandlung sowie zu Unterstützungsangeboten, könnten 6,2 Millionen von den prognostizierten 11,1 Millionen Todesfällen verhindert werden. Das entspräche einem Plus von 318 Millionen Lebensjahren, so die Wissenschaftler.

Das lohnt sich nicht nur aus gesundheitlicher, sondern auch aus ökonomischer Sicht: Werden mehr Menschen versorgt und behandelt, kostet das zwar Geld (für die von 2020 bis 2050 diagnostizierten Krebserkrankungen: insgesamt ca. 594 Mrd. US-$) – doch das würde durch die daraus entstehenden Produktivitätsgewinne (ca. 2.580 Mrd. US-$) kompensiert. Konkret heißt das: Jeder US-Dollar, der in eine bessere Versorgung krebskranker Kinder investiert wird, bringt eine Rendite für die globale Wirtschaft von 3 US-Dollar. Oder anders gesagt: Der Ausbau der Gesundheitsversorgung weltweit könnte in den kommenden 30 Jahren nicht nur Millionen Leben retten, sondern auch einen ökonomischen Nutzen in Höhe von rund zwei Billionen US-Dollar mit sich bringen. Das zeigt: Gesundheitsausgaben sind weniger ein Kostenfaktor – als vielmehr eine Investition in die Zukunft.

Kampf gegen Krebs bei Kindern: ambitioniert, aber erreichbar. Foto: CC0 (Stencil)
Kampf gegen Krebs bei Kindern: ambitioniert, aber erreichbar. Foto: CC0 (Stencil)

„Dazu bedarf es aber starkes politisches Leadership, weltweite Solidarität, kollektives Handeln, die Partizipation aller wichtigen Akteure und die Harmonisierung von nationalen und globalen Bemühungen“, meint Atun. Das ist die Voraussetzung, damit alle Kinder gleichermaßen – ob sie nun in Deutschland oder Ghana leben – von einer optimalen medizinischen Versorgung profitieren, sich bestmöglicher Gesundheit erfreuen und entwickeln sowie entfalten können. Auf dem Weg zu diesem Ziel sind alle gefragt: Regierungen, der öffentliche sowie private Sektor, die Zivilgemeinschaft, Nichtregierungs- oder Wohltätigkeitsorganisationen.

Kampf gegen Krebs bei Kindern: ambitioniert, aber erreichbar

„Fehlannahmen in Bezug auf Krebs bei Kindern müssen aus dem Weg geräumt werden – etwa, dass Krebs bei Kindern selten, kompliziert und die Behandlung kostenintensiv ist; dass die Behandlung kaum Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit der Gesellschaft hat; und dass die Therapie Ressourcen aus anderen Bereichen der Gesundheitsversorgung stiehlt“, resümieren Collingridge und Landman. Sie sehen den Bericht im Lancet-Magazin als „Ausgangspunkt“ für ein konzertiertes Handeln, um die Versorgung der ganz Kleinen weltweit grundlegend zu verändern. „Die Vision ist ambitioniert, aber mit nachhaltigen und überlegten Investitionen kann sie Wirklichkeit werden“.

Das verdeutlichen die medizinischen Fortschritte und steigenden Überlebensraten, die in den vergangenen Jahren bereits in vielen Regionen der Welt – wie in Deutschland – erreicht wurden. Die Versorgung von Kindern mit Krebs nachhaltig zu verbessern ist „machbar und eine höchst kosteneffektive Investition“, betont Atun in einer Pressemitteilung. Und zwar „in allen Ländern – ob reich oder arm“.

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