Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.
Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.

Hoffnungsträger Teixobactin ist noch kein Durchbruch

Mit Teixobactin haben amerikanische und deutsche Forscher jetzt ein vielversprechendes Antibiotikum entdeckt. Der entscheidende Durchbruch im Kampf gegen multiresistente Keime? Diese Euphorie kommt zu früh. Denn der Kampf gegen Bakterien, die jedes Jahr für 700.000 Todesfälle verantwortlich sind, ist hart.

Wunderwaffe oder weitere Enttäuschung – diese Frage muss Teixobactin in den klinischen Studien beantworten, die in etwa zwei Jahren starten sollen. Seine Wirksamkeit hat der neue Stoff sehr überzeugend in der Petrischale und bei Mäusen bewiesen. Hier war das Antibiotikum, das von Wissenschftlern der Northeastern University Boston und der Universität Bonn entdeckt wurde, höchst effizient im Kampf gegen Tuberkulose- und MRSA-Erreger. Ob Teixobactin beim Menschen wirkt, ist damit allerdings nicht gesagt. So sehr bislang alles nach einem neuen Durchbruch klingt: Es wäre nicht die erste Enttäuschung in der Antibiotika-Forschung.

Denn die Suche nach neuen Antibiotika ist Kärrnerarbeit. „Antibiotische wirkende Stoffe zu finden, ist keine Kunst. Antibiotisch wirkende Stoffe zu finden, die verträglich für den Menschen sind und die richtigen Bakterien angreifen, ist wahnsinnig schwierig“, sagt Prof. Dr. Peter Hammann, Leiter Externe Innovationen der Geschäftseinheit Infektionskrankheiten beim Pharmahersteller Sanofi. Ist ein neues Antibiotikum auf dem Markt, dauert es in der Regel zwischen zwei und fünf Jahren, bis sich Resistenzen bilden.

Forschung an 130.000 Mikroorganismen

Sanofi hat Erfahrung mit der mühsamen Suche nach neuen Antibiotika. In Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut hat das Unternehmen 2014 ein Exzellenzzentrum für Naturstoffforschung aufgebaut. Die Hauptaufgabe: neue Antibiotika finden. Dafür steht den Forschern Europas größte Stammsammlung an Bakterienstämmen zur Verfügung. 130.000 Mikroorganismen lagern tiefgekühlt im Frankfurter Labor des Zentrums.

Derartige Proben verwendeten auch die Forscher, die nun Teixobactin gewonnen haben. Die meisten der erfolgreichen Antibiotika der letzten 80 Jahre wie Penicillin und seine Nachfolger gehen ebenfalls auf die Forschung an Naturstoffen zurück. Auch das Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung (HZI) hatte im vergangenen Oktober ein neues Antibiotikum gegen MRSA entdeckt. Das Antibiotikum aus Bonn und Boston ist schon ein ganzes Stück weiter als das der deutschen Kollegen – ein Einsatz beim Menschen wäre aufgrund der aufwändigen Klinischen Studien aber erst in fünf oder sechs Jahren zu erwarten.

Gram-negative Bakterien sind das echte Problem

Hinzu kommt ein weiterer Punkt: Teixobactin wirkt gegen sogenannte grampositive Bakterien. Auch bei diesen sind Resistenzen ein Problem. Wesentlich ernster sieht es jedoch bei den gramnegativen Bakterien aus. Bei diesen befindet sich die Zellwand zwischen zwei Membranen, die meisten Antibiotika kommen daher nicht an das Innere heran. „Gegen gramnegative Bakterien sind wirksame Antibiotika sehr schwer zu finden. Dabei stehen die Ärzte hier fast mit leeren Händen da“, sagt Prof. Hammann. Sanofi und Fraunhofer haben sich daher auf die Suche in diesem Bereich konzentriert, ebenso wie das europäische Projekt New Drugs for Bad Bugs, in dem sich Industrie, Universitäten und Forschungsinstitute vernetzt haben. Neue Erfolge in diesem Bereich gibt es durch die gestiegenen Forschungsanstrengungen verschiedener Institute und Unternehmen bereits: Ein neues Antibiotikum gegen gramnegative Bakterien befindet sich in der Zulassung, zwei in Phase 3 der Klinischen Studien.

Wie wichtig die Forschung nach neuen Waffen gegen multiresistente Keime ist, zeigt eine Analyse, die britische Wissenschaftler Ende 2014 vorgelegt haben. Sie prognostizieren, dass die Zahl der durch Bakterien verursachten Todesfälle von derzeit 700.000 pro Jahr bis 2050 auf rund zehn Millionen pro Jahr ansteigen könnte. Ein Autor des US-Magazins Forbes hat diese Befürchtungen jedoch als übertrieben bezeichnet. Beide Experten merkten jedoch an, dass gramnegative Bakterien, gegen die Teixobactin machtlos ist, das eigentliche Problem sind.

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