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vfa warnt vor Innovationsblockade

Die Kosten für Arzneimittel hat das Gesundheitssystem im Griff – die Qualität der Versorgung nicht. Dieses Fazit zog der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) heute bei der Vorstellung der neunten Ausgabe des Arzneimittel-Atlas. Innovative Arzneimittel würden zu wenig verschrieben, die Impfquoten seien zu gering. „Die Kostenfixierung ist zur Gesundheits- und Präventionsbremse geworden“, sagte Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des vfa.

Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für die Arzneimittelversorgung lagen im Jahr 2013 bei 30,1 Milliarden Euro. Eine Steigerung um 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. „Im Fünfjahreszeitraum seit 2009 lag die Steigerung sogar nur bei 0,1 Prozent. So stabil ist kein anderer Bereich der GKV-Ausgaben“, unterstrich Prof. Bertram Häussler, Leiter des IGES-Instituts, das den Arzneimittel-Atlas im Auftrag des vfa erstellt. Damit waren die Ausgaben für Arzneimittel zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder niedriger als die Ausgaben für die Ärztliche Behandlung (31,4 Milliarden Euro im Jahr 2013).

Arzneimittelpreise in Deutschland unter Europa-Durchschnitt

Hauptursachen für die Kostensteigerung im vergangenen Jahr waren der erhöhte Verbrauch erstattungsfähiger Arzneimittel sowie innovative Arzneimittel. Abgefedert wurden diese Effekte durch Einsparungen, die aufgrund sinkender Arzneimittelpreise erzielt werden konnten. Durch diese kontinuierliche Absenkung der Preise liegt Deutschland im europaweiten Vergleich bei 79 Prozent der Arzneimittel unter dem Durchschnittspreis. Verglichen wurden hierbei die Preise von 29 Präparaten in 15 Ländern. „Die Mär vom Hochpreisland Deutschland ist damit erledigt“, sagte Fischer.

Im ersten Halbjahr 2014 lag die Steigerung der Ausgaben für Arzneimittel mit 8,9 Prozent zwar deutlich höher aber im erwartbaren Bereich: Verantwortlich waren dafür vor allem die Rückstufung des Zwangsrabattes auf Arzneimittel von 16 Prozent auf nun sechs Prozent sowie weitere innovative Medikamente.

Gefährdet die Kostendebatte die Versorgungsqualität?

„Die Kostenfrage ist im Griff“, bilanzierte Fischer angesichts dieser Zahlen. Sorgen bereite ihr jedoch, dass die Qualität der Patientenversorgung unter dem starken Gewicht leide, das auf der Kostendebatte liege. Prof. Häussler hatte zuvor ausgeführt, dass zahlreiche innovative Wirkstoffe, deren Zusatznutzen vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bestätigt ist, kaum verschrieben würden. Laut Vorgabe des G-BA sollten alle Patienten, die einen Zusatznutzen von einem Wirkstoff haben, diesen auch verschrieben bekommen. Bei den 13 Präparaten, für die dem IGES-Institut detaillierte Zahlen vorlagen, lag die Verschreibungsquote nur in zwei Fällen bei über 50 Prozent, in fünf Fällen sogar nur im einstelligen Bereich.

Kassen widersprechen Vorwurf der Innovations-Blockade

Ursache für diese niedrigen Verschreibungsquoten sei vor allem „die Angst der Ärzte vor Regressforderungen durch die Krankenkassen“, monierte Fischer. Einer gezielten Blockade innovativer Arzneimittel über das Mittel der Ärztebudgets widerspricht der GKV-Spitzenverband auf Nachfrage von Pharma Fakten: „Wir haben ein Interesse daran, dass die Arzneimittelversorgung wirtschaftlich erfolgt. Deshalb gibt es Richtgrößen, die aber nicht mit einem strikten Budget verwechselt werden dürfen. Was medizinisch notwendig und angemessen ist, wird bezahlt”, sagte Florian Lanz, Pressesprecher des GKV-Spitzenverbandes. Es dürfe nicht um abstrakte Quoten gehen, „sondern um eine passgenaue Versorgung des Patienten“. Zumindest in diesem letzten Punkt sind sich Kassen und Pharmaindustrie einig.

Impf-Finanzierung direkt aus dem Gesundheitsfond

Das Thema Impfen war ein weiterer Schwerpunkt des Arzneimittel-Atlas – und ein weiterer Punkt, in dem die Bilanz negativ ausfiel. Prof. Häussler konstatierte eine allgemeine Impfmüdigkeit in Deutschland. Die Impfquoten beispielsweise im Bereich Masern lägen unter den für eine Durchimpfungsrate nötigen 95 Prozent. Die Folge seien auch in Deutschland immer wieder vermeidbare Todesfälle. Noch schlechter fallen die Zahlen für die Impfung gegen Humane Papillomaviren (HPV) aus, die Gebärmutterhalskrebs verursachen können. Etwa 1.500 Frauen sterben jährlich an Gebärmutterhalskrebs, mit einer Impfquote von 41 Prozent sei Deutschland aber international gerade mal Mittelmaß. Fischer forderte daher „einen separaten Topf aus dem Gesundheitsfond heraus, aus dem die Impfungen finanziert werden“. So würden Krankenkassen, in denen viele Kinder versichert seien, nicht einseitig belastet.

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