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Antibiotika-Dosierung auf dem Prüfstand

Wenn Antibiotika nicht mehr wirken, liegt der Verdacht nah, es handele sich um eine Resistenz. Doch Wissenschaftler des Jenaer Hans-Knöll-Instituts (HKI) verfolgen eine andere Theorie. Sie erforschen, wie sich eine veränderte Dosierung vorhandener Mittel auswirkt.

Antibiotikaresistente Krankheitserreger erschweren immer häufiger Therapien. Darauf weist zum europäischen Antibiotikatag der Verband Forschender Arzneimittelhersteller hin und das geht aus dem Antibiotika-Report der Deutschen Angestellten Krankenkasse hervor. Die Anzahl der Fälle, in denen Arzneien nicht mehr wirken, steigt. Daher werden immer wieder die Forderungen formuliert: Ärzte müssten Medikamente zielgerichteter verordnen, Patienten sie richtig einnehmen und Kliniken angemessene Hygienekonzepte etablieren. Außerdem soll der Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung reduziert werden.

Mutmaßliche Antibiotika-Resistenzen können beispielsweise bei Krebspatienten gravierende Folgen haben. Ihr Immunsystem ist durch die intensive Behandlung geschwächt. Daher muss  nahezu jeder Kranke während der Therapie mit einer Infektion rechnen. „Trotz sachgemäßer Behandlung schlägt bei etwa 20 Prozent dieser Patienten die Antibiotikatherapie nicht an“, erklärt Professor Marie von Lilienfeld-Toal, Leiterin der Forschergruppe am HKI. Manchmal auch, obwohl die Wirksamkeit des Antibiotikums gegen den jeweiligen Erreger im Labor eindeutig nachgewiesen werden könne. Resistenzen seien in diesen Fällen jedoch nicht ursächlich für die Wirkungslosigkeit. „Wir vermuten, dass eine zu niedrige Wirkstoffkonzentration im Blut der Patienten für die fehlende Wirksamkeit verantwortlich ist“, sagt von Lilienfeld-Toal.

Wirkstoffgehalt bei Krebspatienten zu niedrig

Die HKI-Forscher nahmen bei 44 Patienten, die an verschiedenen Krebsarten erkrankt sind, die Therapien unter die Lupe.  Erste Ergebnisse erhärten den Anfangsverdacht, dass die Wirkungslosigkeit auf eine Unterdosierung zurückzuführen sein könnte. Bei 21 Patienten lag demnach eine zu niedrige Wirkstoffkonzentration bei der Antibiotika-Therapie vor. „Es deutet vieles darauf hin, dass wir mit unserer Vermutung richtig liegen und Unterdosierungen in der Tat eine Rolle spielen“, so von Lilienfeld-Toal. Um eine klare Aussage treffen zu können, soll eine therapeutische Studie im Jahr 2016 genauere Erkenntnisse bringen.

Die Jenaer Forschung könnte insgesamt große Auswirkungen haben. „Man muss die Forschungsergebnisse und die daraus abzuleitenden praktischen Empfehlungen auch aus der Perspektive des Gesundheitssystems betrachten“, betont von Lilienfeld-Toal. „Wenn sich herausstellt, dass ein Antibiotikum in höheren Dosierungen doch wirkt, sind Ärzte seltener darauf angewiesen, auf Reserve-Wirkstoffe zurückzugreifen.“ So könne der Einsatz verschiedener Antibiotika reduziert und dadurch die Entwicklung von Resistenzen insgesamt gemindert werden.

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