„Es gibt nur wenige Krankheiten, von deren Beseitigung wir realistischerweise träumen können, aber Hepatitis ist eine davon“, sagte einst Dr. Tedros Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO. Hepatitis ist eine Leberentzündung – am häufigsten wird sie durch Viren ausgelöst. Je nach Form – bekannt sind A, B, C, D und E – gibt es unterschiedliche Ursachen, Verläufe, Präventions- und Therapiemöglichkeiten. Die WHO fokussiert sich auf Hepatitis B und C: Sie führen bei mehreren Hundertmillionen Menschen weltweit zu chronischer Erkrankung; sie sind Hauptursache für Leberzirrhose und -krebs. Tatsache aber ist: Die Medizin hat über die Zeit große Fortschritte gemacht – darunter sind etwa Impfungen zum Schutz vor Hepatitis B und innovative Medikamente, wodurch die Hepatitis C bei fast allen Betroffenen innerhalb weniger Wochen heilbar ist.
Umso tragischer ist die Meldung der WHO, wonach die Zahl der Menschen, die an diesen beiden Krankheiten weltweit gestorben sind, gestiegen ist: von 1,1 Millionen im Jahr 2019 auf 1,3 Millionen im Jahr 2022 – 3.500 Menschen sind es pro Tag. Anlässlich des Welthepatitis-Gipfels, der vom 9. bis zum 11. April in Lissabon stattfindet, hat die Organisation einen neuen Bericht veröffentlicht: Er fasst Daten aus 187 Ländern weltweit zusammen. Demnach gingen 83 Prozent der Todesfälle auf Hepatitis B und 17 Prozent auf Hepatitis C zurück. Dr. Ghebreyesus bestätigt: „Trotz des weltweiten Fortschritts, Infektionen vorzubeugen, nehmen die Todeszahlen zu, weil zu wenige Menschen mit Hepatitis diagnostiziert und behandelt werden.“ Der Bericht zeigt (Stand: 2022):
- 254 Millionen Menschen leben weltweit mit Hepatitis B, 50 Millionen mit Hepatitis C.
- Immerhin ist die Zahl der Neuinfektionen gesunken – auch wenn sie nach wie vor hoch ist: 2022 steckten sich 2,2 Millionen Menschen an, 2019 waren es 2,5 Millionen. 1,2 Millionen Fälle gehen dabei auf das Konto von Hepatitis B, fast 1 Millionen sind der Hepatitis C zuzuordnen.
Laut der WHO zeigen Präventionsmaßnahmen – Stichwort: Impfungen – und die Ausweitung der Hepatitis C-Behandlung Wirkung. Dies habe zu den sinkenden Inzidenzen beigetragen.
Hepatitis: Ziele bislang deutlich verfehlt
Um die Elimination zu erreichen, möchte die WHO unter anderem, dass bis 2030 80 Prozent der Menschen mit einer chronischen Infektion eine Behandlung erhalten. Die Realität sieht anders aus: Von den Menschen mit einer chronischen Hepatitis B haben bis Ende 2022 nur 13 Prozent weltweit eine Diagnose und circa 3 Prozent eine antivirale Therapie erhalten. Bei Hepatitis C sind es 36 Prozent (Diagnose) bzw. 20 Prozent (Therapie). Das sei besser als noch 2019, so die WHO.
Doch die Krankheitslast ist weltweit sehr unterschiedlich verteilt: Besonders stark sind Bangladesch, China, Äthiopien, Indien, Indonesien, Nigeria, Pakistan, die Philippinen, die Russische Föderation und Vietnam betroffen. Daher sei es wichtig, dass die Menschen in diesen Regionen bis 2025 umfassenden Zugang zu Präventionsmöglichkeiten, Diagnostik und Behandlung erhalten; auch in Afrika brauche es verstärkte Anstrengungen gegen die Virushepatitis.
Das Ziel der Elimination sei noch immer erreichbar, betont die WHO. Die Voraussetzung: Handeln – und zwar jetzt. Es müssten unter anderem der Zugang zu Testungen und Diagnostik ausgebaut, gleichberechtigte Behandlungsmöglichkeiten implementiert, Präventionsbemühungen und Forschung intensiviert werden. Eine entscheidende Rolle spielt wie so oft auch das Thema Finanzierung: Die Mittel für den Kampf gegen virale Hepatitis reichen sowohl global als auch mit Blick auf die Gesundheitsbudgets einzelner Länder nicht aus, finden die Fachleute.
Wie gesagt: „Es gibt nur wenige Krankheiten, von deren Beseitigung wir realistischerweise träumen können“. Dr. Ghebreyesus ist in Bezug auf Hepatitis überzeugt: „Nachhaltige Finanzierung, unermüdliche Fürsprache und visionäre politische Führung werden für die Verwirklichung dieses Traums von entscheidender Bedeutung sein.“
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