2024 könnten in der EU rund 40 neue Medikamente für eine Markteinführung in Betracht kommen. Welche dieser Präparate in Deutschland verfügbar sein werden, ist offen. Foto: © iStock.com / Jakob Eskildsen
2024 könnten in der EU rund 40 neue Medikamente für eine Markteinführung in Betracht kommen. Welche dieser Präparate in Deutschland verfügbar sein werden, ist offen. Foto: © iStock.com / Jakob Eskildsen

Zahlreiche neue Medikamente im Jahr 2024!?

Der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) rechnet damit, dass in der EU im Jahr 2024 rund 40 neue Medikamente für eine Markteinführung in Betracht kommen. Darunter könnten auch Arzneimittel gegen die Alzheimer-Demenz sein – es wären die ersten seit 2002. Welche dieser Präparate in Deutschland verfügbar sein werden, ist offen.
2024: Neue Arzneimittel gegen Alzheimer-Demenz? Foto: ©iStock.com//image_jungle
2024: Neue Arzneimittel gegen Alzheimer-Demenz? Foto: ©iStock.com//image_jungle

22 Jahre ist es her, seit die Behörden das letzte Mal ein Arzneimittel zur Behandlung der Alzheimer-Demenz zugelassen haben. Lange schon beißt sich die Wissenschaft an der Erkrankung die Zähne aus; die Grundlagen sind bis heute nicht im Detail verstanden. 2024 könnte ein Wendepunkt sein: Gleich 2 neue Antikörper stehen in den Startlöchern. Der aktuellen Studienlage zufolge können sie den Demenzprozess nicht stoppen, aber bei frühzeitiger Anwendung verlangsamen, so der vfa. Mehr als 150 Projekte finden sich auf der Liste der gescheiterten Wirkstoffkandidaten für die Entwicklung von Alzheimer-Therapeutika.

Das Spektrum der Arzneimittel, die sich im Zulassungsprozess befinden oder kürzlich die Zulassung in der EU erhalten haben, ist breit: Von Autoimmun- über Krebserkrankungen, von neuen Impfstoffen gegen COVID-19 bis zu Therapien gegen Herzinsuffizienz, Migräne, Anämie. Die Pharmaforschung arbeitet unaufhörlich daran, kranken Menschen weitere Therapiemöglichkeiten anbieten zu können. Auch mit dabei: eine neuartige Gentherapie gegen seltene Bluterkrankungen, die das Leben der Betroffenen fundamental verändern könnte.

Welche neuen Arzneimittel kommen in die Versorgung?

Doch über dem Jahr 2024 hängt ein großes Fragezeichen: Noch ist unklar, welche der Arzneimittel es in die Versorgung schaffen. Vfa-Chef Han Steutel sagt: „Bis 2022 ließen es die deutschen Rahmenbedingungen zu, dass Unternehmen fast alle ihre neuzugelassenen Medikamente zeitnah und dauerhaft auf den Markt bringen. Doch seit dem Inkrafttreten des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) mit seinen folgenreichen Eingriffen auch in das Erstattungssystem hat sich das geändert. Es ist daher offen, welche neuen Medikamente tatsächlich Deutschland erreichen und auch nach der Nutzenbewertung als Therapieoptionen verfügbar bleiben.“ Es ist ein Trend, der bereits begonnen hat: Schon im Jahr 2023 erhöhte sich merklich die Zahl der Arzneimittelinnovationen, die es nicht in deutsche Apotheken geschafft haben oder wieder zurückgezogen wurden. In diesem Ausmaß ist es ein Novum in der deutschen Gesundheitspolitik.

Die Hoffnungen ruhen nun auf der im Dezember vom Bundeskabinett verabschiedeten Nationalen Pharmastrategie. Mit ihr will die Politik die Rahmenbedingungen für Pharmaforschung deutlich verbessern, die Digitalisierung vorantreiben, bürokratische Hemmnisse abbauen und Deutschland wieder auf die Überholspur zurückbringen. In dem Strategiepapier auch vorgesehen: die externe Überprüfung des GKV-FinStG. Teile der Ampelregierung halten das Gesetz mittlerweile für einen Fehler. Die Erkenntnis: Wenn die Erstattungsbedingungen für Innovationen nicht stimmen, wird Forschung behindert, werden Innovationen am Land vorbei gelenkt.

Ein Schwerpunkt forschender Pharmaunternehmen ist seit vielen Jahren die Onkologie. Krebserkrankungen sind die zweithäufigste Todesursache und trotz aller Fortschritte gibt es noch viel zu tun. Der vfa rechnet 2024 mit einer Markteinführung neuer Medikamente für Menschen mit Brust- oder Prostatakrebs, mit Magen-, Darm- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs, mit Gallengangkarzinom, nicht-kleinzelligem oder kleinzelligem Lungenkarzinom, Nasopharynx- oder Merkelzell-Karzinom, Melanom, Multiplem Myelom, Myelofibrose, Myelodysplastisches Syndrom oder Non-Hodgkin-Lymphom. Arzneimittel gegen Krebserkrankungen könnten auch im neuen Jahr rund ein Viertel aller Markteinführungen ausmachen.

CRISPR/Cas9: Die „Genschere“ als Medikament

Eine "Genschere" als Medikament? Foto: © iStock.com/Design Cells
Eine “Genschere” als Medikament? Foto: © iStock.com/Design Cells

Ein neues Kapitel in der Behandlung genetisch bedingter Erkrankungen dürfte im Jahr 2024 aufgeschlagen werden: Menschen mit einer Sichelzell-Krankheit oder einer Beta-Thalassämie sind zeitlebens auf Blutwäschen angewiesen, leiden teils unter sehr starken Schmerzen, weil ein Gendefekt ihre Blutversorgung stört. Doch mit der Einführung der auch als „Genschere“ oder „Gen-Editierung“ bezeichneten CRISR/Cas9-Technologie lassen sich laut vfa „zielgenauer Eingriffe ins menschliche Erbgut“ durchführen: Ein Arzneimittel wird zum Reparaturbetrieb.

Mit CRISR/Cas9 – für die Erforschung dieses Prozesses gab es im Jahr 2020 den Chemie-Nobelpreis – lassen sich defekte Gensequenzen entfernen. Die Studiendaten dieser Therapie sind mehr als beeindruckend. Kommt die neue Therapie zu den Menschen, wäre es ein „Meilenstein“, schreibt das Handelsblatt. Das gilt vor allem für die Betroffenen: Es wäre eine Einmalbehandlung statt lebenslanger Therapie.

Auch die Erforschung von Autoimmunerkrankungen bringt für Patient:innen neue Therapiemöglichkeiten. So könnte es allein 3 neue Arzneimittel für die paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH) und 2 gegen die Nerven und Muskeln betreffende Erkrankung Myasthenia gravis geben.

2024 dürfte also spannend werden: Weitere Gentherapien zur Linderung genetisch bedingter Erkrankungen warten auf die Zulassung der Zulassungsbehörde EMA, aber auch Therapien gegen Herzinsuffizienz, Menopause-Symptome, Migräne oder Anämie. Spannend wird auch die Frage werden, „welche das deutsche Gesundheitssystem zugänglich“ machen wird, so der Pharmaverband.

Weiterführende Links:

Pressemitteilung des vfa

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