Seltene Erkrankung im Fokus: Paroxysmale Nächtliche Hämoglobinurie (PNH)

Es ist eine chronisch-fortschreitende, äußerst seltene Erkrankung. Wie selten, dazu liegen in Deutschland keine konkreten, verlässlichen Daten vor. Die Krankheitshäufigkeit wird bis auf ca. 16 Fälle pro eine Million Einwohner geschätzt. Ursache der PNH ist eine Genmutation, die letztlich zur Zerstörung roter Blutkörperchen führt. Ohne spezifische Behandlung versterben bis zu 35 Prozent der Betroffenen innerhalb von fünf Jahren nach Diagnose.

Ein Teil des Immunsystems – das sog. Komplementsystem – gerät außer Kontrolle. Der Grund: Bei den Betroffenen sind nur unzureichend oder keine „Schutzproteine“ auf den roten Blutkörperchen vorhanden. Dadurch hält das körpereigene Abwehrsystem – anders als bei gesunden Menschen – die Blutkörperchen für fremde Eindringlinge, die bekämpft und zerstört werden müssen. Eine folgenschwere Fehlsteuerung – ausgelöst durch eine Genmutation.

PNH kann mit zahlreichen Anzeichen und Symptomen einhergehen (s. Grafik) – darunter Fatigue (Erschöpfungs-Syndrom) und Blutarmut (Anämie), aber auch Atemnot (Dyspnoe) und Hämoglobinurie. Dabei wird der Blutfarbstoff Hämoglobin über den Urin ausgeschieden – dieser erscheint dann dunkel gefärbt. Auch eine verstärkte Bildung von Thrombosen (Blutgerinnsel) ist typisch: So sind etwa 40 bis 67 Prozent der Todesfälle bei PNH durch venöse oder arterielle Thrombosen bedingt.

PNH: von 1882 bis heute

1882 wurde PNH zum ersten Mal beschrieben. Foto: CC0 (Stencil)
1882 wurde PNH zum ersten Mal beschrieben. Foto: CC0 (Stencil)

Vor fast 140 Jahren wurde die Erkrankung PNH zum ersten Mal beschrieben – von dem Greifswalder Professor Paul Strübing. Seitdem hat sich viel getan. Die medizinische Fortbildungszeitschrift „Swiss Medical Forum“ schreibt in einem Beitrag aus dem Jahr 2016, die diagnostischen und therapeutischen Mittel hätten sich „in den letzten Jahren so grundlegend geändert, dass heute Patienten mit PNH sehr effizient geholfen werden kann und sowohl das Gesamtüberleben als auch die Lebensqualität dieser Patienten fundamental verbessert werden konnten“. 

Abhängig von Patient und Krankheitsverlauf kann die Therapie unterschiedlich ausfallen.

Zu den sog. „supportiven (unterstützenden) Maßnahmen“ gehören u.a. etwa die Gabe von Folsäure oder ggf. Bluttransfusionen (Erythrozytenkonzentrate), um die Blutarmut auszugleichen. Seit 2007 steht als spezifische Therapie ein monoklonaler Antikörper zur Verfügung – ein Durchbruch in der Behandlung dieser schweren Erkrankung. Er bindet gezielt an ein bestimmtes Protein des Komplementsystems und kann so die Zerstörung der roten Blutkörperchen reduzieren und die Lebenserwartung weitgehend normalisieren. Der Wirkstoff verringert Transfusionsbedarf, Thromboembolierisiko und Symptome. Um die Lebensqualität der Betroffenen weiter zu verbessern, hat in diesem Jahr ein weiterer Antikörper die EU-Zulassung erhalten. Er funktioniert ähnlich wie der erste Vertreter, ist jedoch lang wirksam. Der Vorteil: Weniger Infusionen sind notwendig – ein weiterer medizinischer Fortschritt für Patienten mit einer sehr seltenen Erkrankung.

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