Das dreifach-negative Mammakarzinom (TNBC) ist eine besonders aggressive Form von Brustkrebs. Lange Zeit galt es als kaum therapierbar. Und heute? Foto: ©iStock.com/libre de droit
Das dreifach-negative Mammakarzinom (TNBC) ist eine besonders aggressive Form von Brustkrebs. Lange Zeit galt es als kaum therapierbar. Und heute? Foto: ©iStock.com/libre de droit

Brustkrebs: Dreifach negativ

Mit rund 70.000 neuen Fällen pro Jahr ist das Mammakarzinom in Deutschland die häufigste Krebserkrankung von Frauen. Doch Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs: Moderne Untersuchungsverfahren machen es möglich unterschiedliche Untergruppen zu erkennen – wie etwa den dreifach-negativen Brustkrebs. Lange Zeit galt er als kaum behandelbar. Aber die Forschung macht zunehmend Fortschritte – die Zahl der Therapieoptionen wächst.

Manchmal verrät schon der Name einer Erkrankung, wieviel – oder wie wenig – der Wissenschaft über sie bekannt ist. Als „Non-A/Non-B-Hepatitis“ bezeichneten Mediziner:innen für viele Jahre eine virale Hepatitis, die weder durch Hepatitis-A- noch durch Hepatitis-B-Viren ausgelöst wird. Das Hepatitis C-Virus, nach dem diese Form der Leberentzündung heute benannt ist, kannte man nicht – US-amerikanische Wissenschaftler entdeckten es erst 1989. Seitdem ist viel passiert: Aus einer namenlosen, schwer behandelbaren Erkrankung ist dank Fortschritten in der pharmazeutischen Forschung eine heilbare geworden (s. Pharma Fakten).

Leberentzündung durch Hepatitis-C: Heute heilbar. 
Foto: ©iStock.com/Rasi Bhadramani
Leberentzündung durch Hepatitis-C: Heute heilbar.
Foto: ©iStock.com/Rasi Bhadramani

Wie bei „Non-A/Non-B-Hepatitis“ schwingen auch bei „dreifach-negativer Brustkrebs“ (TNBC: triple-negative breast cancer) die vielen Fragezeichen von Forscher:innen angesichts einer einst großen Unbekannten mit. Denn bei Menschen mit diesem Tumor können keine Östrogen-, Progesteron- oder HER2-Rezeptoren, die häufig auf den Oberflächen von Brustkrebszellen vorkommen, in maßgeblicher Menge nachgewiesen werden. Der Krebs ist kurz gesagt: dreifach negativ. Damit entfallen wichtige bekannte Zielstrukturen für die Therapie – lange Zeit galt TNBC als schwer behandelbar. Hinzu kommt: Diese Form von Brustkrebs ist besonders aggressiv, die Wahrscheinlichkeit für ein Rezidiv – einen Rückfall – ist erhöht, der Tumor wächst verhältnismäßig schnell bzw. streut und bildet Metastasen. TNBC macht etwa 15 bis 20 Prozent aller Mammakarzinome aus – er tritt vor allem bei jüngeren Frauen auf.

Dreifach-negativer Brustkrebs: Wachsendes Arsenal

Inzwischen ist es Wissenschaftler:innen weltweit allerdings gelungen, mehr über diesen Brustkrebs zu lernen, mehr potenzielle Angriffspunkte für Therapien zu identifizieren. Mit diesem wachsenden Wissen verliert TNBC Stück für Stück an Schrecken, auf ihre vielen Fragezeichen finden Forscher:innen zunehmend Antworten.

Im frühen, heilbaren Stadium der Erkrankung können Ärzt:innen vor einer Operation eine Chemotherapie anwenden, um so die Tumorlast zu verringern. In Einzelfällen ist heute auch der Einsatz von innovativen Medikamenten denkbar, die das Immunsystem im Kampf gegen den Krebs aktivieren bzw. ganz gezielt gegen bestimmte Eigenschaften der Tumorzellen gerichtet sind.

Wenn der Krebs gestreut und sogenannte Metastasen gebildet hat, ist keine Heilung möglich. Aber auch in diesem Fall gibt es – neben der Chemotherapie – immer mehr medikamentöse Optionen. Das Ziel: das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Wichtig ist es, genau zu untersuchen, welcher Tumor vorliegt und welche Eigenschaften er hat: Bei manchen Betroffenen ist etwa ein Molekül – das PD-L1 – Schuld daran, dass das Immunsystem den Krebs nicht erkennen kann. PD-L1 ist wie ein Tarnumhang für die Tumorzellen – das Immunsystem sieht nicht, dass sie bösartig sind. Doch mit speziellen Arzneimitteln gelingt es, diese Tarnung aufzuheben – der Krebs wird sicht- und bekämpfbar. Ein anderes Beispiel: Steht fest, dass Mutationen in den sogenannten BRCA1- oder BRCA2-Genen vorliegen, eröffnet das den Patient:innen wiederum andere Therapieoptionen. Es kommen sogenannte PARP-Inhibitoren in Frage, die zum Absterben der Krebszellen führen sollen.

Metastasierter Krebs: Ständiger Wegbegleiter

mTNBC: Neue potenzielle Ansätze für Therapien. 
Foto: ©iStock.com/libre de droit
mTNBC: Neue potenzielle Ansätze für Therapien.
Foto: ©iStock.com/libre de droit

Trotz medizinischer Fortschritte gilt nach wie vor: Hat ein Brustkrebs gestreut, ist die Erkrankung fortgeschritten, wird er zu einem ständigen Begleiter ohne Aussicht auf Heilung. Pro Jahr erkranken in Deutschland rund 5.000 Frauen neu an verschiedenen Formen von metastasiertem Brustkrebs. Für sie heißt das meist: dauerhafte, palliative Therapie.

Im Rahmen einer Kampagne der Non-Profit-Organisation „The ABC Global Alliance“ erzählten mehrere Frauen weltweit, wie ihr Leben mit fortgeschrittenem Brustkrebs ist: „Sie sehen dich nur noch als wandelnde Leiche an“, sagt eine Patientin. Die Erkrankung werde „wie ein Fluch“ behandelt, so eine andere. Betroffene berichten von Stigmatisierung, von der emotionalen Belastung für sie und ihre Familien, von fehlendem Verständnis der Öffentlichkeit. „Sie können nicht verstehen, dass es kein Happy End gibt“, meint eine Frau.

Beim metastasiertem dreifach-negativen Brustkrebs (mTNBC) ist die Prognose besonders ungünstig. Doch umso mehr die Forschung dazu lernt und umso mehr Eigenschaften eines Tumors zutage treten, desto mehr potenzielle Ansätze für Therapien ergeben sich. Und so öffnen sich neue Türen auch für Menschen, denen bislang keine der verfügbaren Therapien helfen konnten und deren Erkrankung weiter fortschreitet. Ein neuer Ansatz in der Behandlung von metastasiertem TNBC sind da zum Beispiel sogenannte Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (auf Englisch: Antibody-Drug-Conjugates, ADCs). Die Idee dahinter: Ein Antikörper bindet an ein Protein, das sich auf der Krebszellen-Oberfläche befindet – und trägt huckepack eine chemische Substanz mit sich, die letztlich den Tod der Krebszellen herbeiführen soll. Laut zulassungsrelevanten Studiendaten verdoppelte sich fast das Gesamtüberleben der behandelten Frauen im Vergleich zur Mono-Chemotherapie. Und die Forschung läuft weiter: Sie nimmt unterschiedliche Angriffspunkte sowie Signalwege in den Blick, die bei der Krebsentstehung und den Krankheitsprozessen eine Rolle spielen.

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