Die Sklerodermie als Erkrankung des Bindegewebes ist eine seltene Krankheit. Eine Heilung gibt es noch nicht  aber immer bessere Therapien. Foto: ©iStock.com/Chinnapong
Die Sklerodermie als Erkrankung des Bindegewebes ist eine seltene Krankheit. Eine Heilung gibt es noch nicht aber immer bessere Therapien. Foto: ©iStock.com/Chinnapong

Sklerodermie: Eine seltene Erkrankung mit vielen Gesichtern

Die Sklerodermie ist eine seltene und sehr heterogene Erkrankung des Bindegewebes, die bei jedem anders verläuft. Die Behandlung ist deshalb komplex. Eine Heilung gibt es noch nicht, aber immer bessere Therapien.
Sklerodermie: Es gibt so gut wie keinen Standardverlauf. ©iStock.com/AndreyPopov
Sklerodermie: Es gibt so gut wie keinen Standardverlauf. ©iStock.com/AndreyPopov

Die Sklerodermie – ein aus dem Griechischen zusammengesetzter Begriff der Worte „scleros“ (hart) und „derma“ (Haut) – ist eine Erkrankung des Bindegewebes. So bezeichnet man verschiedene Gewebetypen, die in allen Bereichen des Körpers vorkommen und für uns Menschen unverzichtbar sind. Die Bedeutung des Bindegewebes für unsere Gesundheit wird oft unterschätzt, dabei dient sie als Schaltstelle für Nährstoffversorgung und Schadstoffentsorgung, ist Wasserspeicher und spielt eine zentrale Rolle als Ort von Abwehrreaktionen gegen Krankheitserreger. Kein Wunder, dass Erkrankungen des Bindegewebes eine ganze Flut von Symptomen auslösen können. Das Bindegewebe ist überall.

So ist es bei der Sklerodermie, einer seltenen rheumatische Erkrankung, bei der es zum generellen narbigen Umbau von Bindegewebe kommt. Sie kann sich in zwei Formen manifestieren: Bei der zirkumskripten Form sind die Symptome auf die Haut begrenzt; es kommt zu Verdickungen. Sind aber auch Organe wie Lunge, Darm, Herz oder Nieren betroffen, spricht die Medizin von der systemischen Sklerodermie. Es ist eine Autoimmun-Erkrankung unbekannter Ursache; ein wesentlicher Auslöser ist eine genetische Veranlagung.

Etwa 1.500 Menschen erhalten in Deutschland pro Jahr die Diagnose „systemische Sklerose“; insgesamt leben hierzulande rund 25.000 Erkrankte. Am häufigsten treten die ersten Symptome zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf, Frauen erkranken vier Mal häufiger als Männer.

Sklerodermie: Eine Krankheit mit vielen Gesichtern

Die Symptome sind vielfältig, die systemische Sklerose hat viele Gesichter und verläuft individuell unterschiedlich. Verdickung der Haut, das Raynaud-Syndrom , das so genannte Maskengesicht (weil die Haut ihre Flexibilität verliert), Gelenk- und Muskelschmerzen, aber auch Verdauungstrakt, das Herz und die Lunge können betroffen sein. Das Lungengewebe verdickt und vernarbt: man spricht von einer Lungenfibrose . Eine Behandlung der Krankheit als Ganzes gibt es noch nicht. Die Behandlung richtet sich danach, welche Organe betroffen sind – muss also sehr spezifisch an das Krankheitsbild der Betroffenen angepasst werden. Sie reicht von nichtmedikamentösen Maßnahmen wie Physio- bzw. Ergotherapie und Massagen über Arzneimittel zur Senkung eines möglichen Lungenhochdrucks, um Fibrosen von Haut und Lunge günstig zu beeinflussen.

Dr. Michael Heß, Lungenexperte. Foto: ©Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG
Dr. Michael Heß, Lungenexperte. Foto: ©Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG

Bei vielen Menschen mit systemischer Sklerose treten Veränderungen an der Lunge auf, die sich unterschiedlich manifestieren können:

  • Bei der Lungenfibrose (eine sogenannte interstitielle Lungenerkrankung) verdickt sich das Lungengewebe.
  • Beim Lungenhochdruck (pulmonal-arterielle Hypertonie, PAH) ist der Druck in den Blutgefäßen der Lunge erhöht. Die PAH ist eine seltene Komplikation, die 5 bis 12 Prozent der Menschen mit Sklerodermie betrifft.

Patient:innen mit Sklerodermie können sowohl eine der beiden Erkrankungen als auch beide oder gar keine bekommen; Atemnot ist aber für viele von ihnen ein ständiger Begleiter. Bei vielen Betroffenen ändert sich die Lungenfunktion über mehrere Jahre hinweg allmählich, aber unwiederbringlich. „Patient:innen mit systemischer Sklerose haben ein deutlich erhöhtes Risiko, eine Lungenfibrose zu entwickeln. Für sie ist es besonders wichtig, die körperliche Belastbarkeit im Alltag – bei Aktivität wie auch in Ruhe – sowie beim Arzt oder der Ärztin gemessene Parameter der Lungenfunktion regelmäßig aufmerksam zu beobachten“, sagt Dr. Michael Heß, Lungenexperte beim forschenden Unternehmen Boehringer Ingelheim. „Je früher und genauer Lungenprobleme erkannt werden, desto früher kann gegebenenfalls eine Therapie eingeleitet werden, um dem fortschreitenden Verlust an Lungenfunktion entgegenzuwirken.“

Patient:innen mit autoimmunbedingten Systemerkrankungen wie der Sklerodermie sollten möglichst gleich bei der Erstdiagnose auf das Vorliegen einer Mitbeteiligung der Lunge untersucht werden. Auch im Verlauf der systemischen Sklerose sollte kontinuierlich die Lunge des Patienten im Blick behalten werden, bspw. durch eine regelmäßige Auskultation (Abhören) der Lunge und ggf. Lungenfunktionsprüfungen. So können das mögliche Vorliegen oder Entstehen, der Verlauf und etwaige deutliche Verschlechterungen der Lungenfunktion früh erkannt und behandelt werden.

Sklerodermie: Fortschritte in der medikamentösen Therapie

Mit der breiten Zulassung einer direkt gegen die Fibrose gerichteten Arzneimitteltherapie konnte ein großer Fortschritt in der Versorgung von Patient:innen bei systemischer Sklerose erzielt werden, bei denen die Lunge angegriffen ist. In klinischen Studien zeigte sich, dass es damit gelingen kann, den fortschreitenden Verlust an Lungenfunktion zu verlangsamen. Das Medikament war über lange Beobachtungszeiträume hinweg zuverlässig wirksam und sicher anwendbar. Ziel der Therapie ist es, die Lungenfunktion der Patienten so lange so gut wie möglich zu erhalten.

Zur Behandlung des Lungenhochdrucks stehen verschiedene Arzneimittel und Wirkstoffklassen zur Verfügung. „Dank großer Fortschritte in der Therapie ist die Prognose bei Lungenhochdruck in den vergangenen Jahren erheblich besser geworden“, schreibt dazu der Lungeninformationsdienst. „Innerhalb kurzer Zeit hat sich auch die Sterblichkeit durch pulmonal-arteriellen Lungenhochdruck (PAH) drastisch reduziert.“

Bei vielen Menschen mit systemischer Sklerose treten Veränderungen an der Lunge auf. Foto: ©iStock.com/Chinnapong
Bei vielen Menschen mit systemischer Sklerose treten Veränderungen an der Lunge auf. Foto: ©iStock.com/Chinnapong

In einem Interview auf der Website „Aktiv-leben-mit-Sklerodermie“ erzählt Jutta Dengler, die seit 15 Jahren mit der Erkrankung lebt, dass zwischen dem Auftreten der ersten Symptome bis zur gesicherten Diagnose 2 Jahre vergangen sind – nach Meinung von Expert:innen offenbar kein Einzelfall. Für Frau Dengler war das eine schwierige Zeit, in der sie sich nicht ernst genommen fühlte. Doch eine frühe Diagnose ist bei dieser Erkrankung wichtig. Aber nicht einfach: Zum ersten, weil sie selten ist. Und zum zweiten, weil sich die Sklerodermie als eine so genannte Multisystem-Erkrankung zeigt. Es gibt so gut wie keinen Standardverlauf.

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