Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.
Fortschritte in der Leukämie-Behandlung - die Überlebenskurven haben sich bei den akuten als auch bei den chronischen Leukämien deutlich verbessert. Logo: © Pharma Fakten e.V.

Kritik des GKV-Spitzenverbandes an Orphan-Drugs-Praxis ist widersprüchlich

Sie stehen nur einer kleinen Anzahl an Patienten zur Verfügung, daher ist der Forschungsaufwand bei der Entwicklung der Medikamente zur Behandlung seltener Krankheiten im Verhältnis zu den späteren Nutzern aufwändig. Die Präparate seien zu teuer und bringen kaum einen Zusatznutzen, lautet die Kritik des GKV-Spitzenverbandes (GKV-SV) an den Orphan Drugs. Diese Sichtweise lässt sich jedoch leicht widerlegen.

„Nur sehr wenige der Arzneimittel gegen seltene Krankheiten werden dem vom Gesetzgeber fiktiv unterstellten Zusatznutzen tatsächlich gerecht“, heißt es in einer Pressemitteilung des GKV-SV. In begründeten Einzelfällen fordern die Kassen die vollständige Prüfung des Nutzen- und Schadenspotenzials durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bei Orphan Drugs. Eine widersprüchliche Forderung. Denn die Auswirkung von Orphan Drugs auf die seltenen Krankheiten kann eben aufgrund ihrer Seltenheit nicht nach den üblichen Maßstäben gemessen werden. „Kein Wunder“, erklärt sodann auch Dr. Norbert Gerbsch, stellvertretender BPI-Hauptgeschäftsführer, in einer Pressemitteilung. „Es stehen viel weniger Patienten zur Verfügung, die in eine klinische Studie eingeschlossen werden können.“

Der GKV-SV stützt sich in seiner Argumentation auf eine Untersuchung der Beschlüsse des G-BA, die den Zusatznutzen neuer Arzneimittel in der Zeit von 2011 bis Mitte Dezember 2015 unter die Lupe nimmt. Für 47 Prozent der Patienten gebe es demnach einen „nicht quantifizierbaren Zusatznutzen“. Nur sechs Prozent haben laut der Untersuchung einen „beträchtlichen“ Zusatznutzen. Trotzdem seien die Preise relativ hoch. Auch diese Sichtweise kann Gerbsch widerlegen: „Wer hier mit der Elle für Volkskrankheiten messen will, ist selbst für die vermeintlich schlechten Bewertungsergebnisse verantwortlich.“ Es fehlte eine Vergleichstherapie, es gebe zu wenig Informationen über die Krankheiten und auch die ethische Vertretbarkeit einer Placebo-Kontrolle sei fraglich. „Wie soll ein Preis für ein Arzneimittel festgelegt werden, wenn nur sehr wenige Patienten behandelt werden?“, fragt der stellvertretende BPI-Hauptgeschäftsführer und ergänzt: „Eine Refinanzierung der Forschungsaufwendungen ist unter normalen Rahmenbedingungen nicht möglich.“

Die  Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (achse e.V) sieht die Kritik des GKV-SV an den Orphan Drugs nicht als gerechtfertigt an. Andreas Reimann, Achse-Vorsitzender, hatte bei der Veranstaltung „Mythos Orphanisierung?!“ gesagt: „Wir haben 85 zugelassene Substanzen für rund 7.000 Krankheiten – das Problem sind nicht zu viele, es sind zu wenige Arzneimittel.“ Er sieht auch keine Belege für einen Missbrauch des Orphan-Drug-Regelwerkes. Lediglich 2,6 Prozent ihres Arzneimittelbudgets geben die Gesetzlichen Krankenversicherungen laut Reimann für die Orphans aus.

Verwandte Nachrichten

Anmeldung: Abo des Pharma Fakten-Newsletters

Ich möchte per E-Mail News von Pharma Fakten erhalten: