Togo hat es geschafft. Seit April 2017 gilt das Land in Afrika als frei von Lymphatischer Filariose (LF) – auch bekannt als Elefantenkrankheit. Es ist eine Wurmerkrankung, die schon Pharaonen bedrohte; 2020 soll sie weltweit ausgerottet sein. Eine Medikamentenkombination macht es möglich. Die Herausforderung: Mindestens vier, maximal sechs Jahre müssen die Menschen in den endemischen Gebieten einmal pro Jahr ihre Medikamente bekommen, um die Übertragung zu stoppen. Das wäre schon in einem entwickelten Gesundheitssystem eine Herausforderung. Seit dem Jahr 2000 sind über sechs Milliarden Behandlungen verteilt worden. Die Allianz gegen die LF ist eines der ehrgeizigsten Gesundheitsprojekte, das jemals angeschoben wurde. Sie ist Teil des Plans der „London Declaration“, die das Ziel hat, bis 2020 zehn tropische Krankheiten entweder auszurotten oder einzudämmen (s. Infokasten).
Verschenken? Das reicht nicht.
Arzneimittel zu verschenken – das reicht nicht. Deshalb sind globale Gesundheitsprogramme Partnerschaftsprogramme, die insbesondere medizinische Infrastruktur aufbauen müssen, um wirksam zu werden. Was nützen die Pillen in Ländern, in denen es kein funktionierendes Gesundheitssystem, keine Infrastruktur, zu wenige Ärzte gibt? Oder es an politischem Willen mangelt, Krankheiten zu bekämpfen?
Kapazitäten vor Ort aufbauen
Ein Weg, die Versorgung vor Ort zu verbessern, sind Auslizensierungen. Pharmaunternehmen ermöglichen Dritt-Unternehmen die Herstellung ihrer Arzneimittel. Das hat gleich mehrere Gründe: Die Lizenznehmer können in der Regel günstiger produzieren, es werden Produktionskapazitäten vor Ort aufgebaut und die Zahl der produzierten Tabletten kann erhöht werden, was gerade bei Epidemien von globalen Ausmaßen wichtig ist, um möglichst viele Menschen erreichen können.
Auch die Pharma-Forschung steht vor großen Herausforderungen. Es müssen nicht nur neue Medikamente und Impfstoffe entwickelt, sondern auch bestehende auf die medizinischen Bedürfnisse armer Länder ausgerichtet werden – z.B. bei Produkten, die kühl gehalten werden müssen. Außerdem setzen Pharmaunternehmen auf maßgeschneiderte Preisstrategien, um den Zugang zu Medikamenten zu erleichtern. So werden die allermeisten Malaria-Präparate zum Selbstkostenpreis abgegeben.
WHO: Der Kampf wird nun gewonnen
Bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) setzt man derweil auf Optimismus: Der Kampf gegen die vernachlässigten Tropenkrankheiten „wird nun gewonnen“, hieß es unlängst. Mittlerweile haben weltweit fast eine Milliarde Menschen Zugang zu kostenlosen Arzneimitteln gegen Tropenkrankheiten. Die ehemalige WHO-Direktorin Margaret Chan hebt die Rolle der forschenden Pharmaunternehmen hervor. Deren Verpflichtung „große Mengen wirksamer Medikamente von hoher Qualität“ zur Verfügung zu stellen, habe die Tür geöffnet für Massenbehandlungen mit dem Ziel, das Reservoir von Parasiten und Krankheitserregern zu reduzieren. „Ich bin stolz, Zeuge dieses beeindruckenden Geistes der Zusammenarbeit und globaler Solidarität zu sein.“
Dieser Artikel erschien am 26.08.2017 im Rahmen einer zwölfseitigen Sonderbeilage in der Abonnenten-Auflage des FOCUS. Die gesamte Ausgabe mit dem Titel „Medizinische Grenzen überwinden – Fortschritt durch Forschung: So arbeitet die Pharmaindustrie“ finden Sie hier.