Der Bundesgesundheitsminister plant ein Medizinforschungsgesetz, im Kanzleramt arbeitet man an einer Pharmastrategie. Eine Bewertung von AstraZeneca-Geschäftsführerin Alexandra Bishop. Foto: ©iStock.com/AndreyPopov
Der Bundesgesundheitsminister plant ein Medizinforschungsgesetz, im Kanzleramt arbeitet man an einer Pharmastrategie. Eine Bewertung von AstraZeneca-Geschäftsführerin Alexandra Bishop. Foto: ©iStock.com/AndreyPopov

Pharmabranche stärken? Das geht in die richtige Richtung

Der Bundesgesundheitsminister will noch vor Weihnachten ein Medizinforschungsgesetz vorlegen, im Bundeskanzleramt arbeitet man an einer Pharmastrategie. Ein Gespräch mit Alexandra Bishop mit einer ersten Bewertung der geplanten Maßnahmen. Sie ist Geschäftsführerin beim forschenden Pharmaunternehmen AstraZeneca in Deutschland.
AstraZeneca-Geschäftsführerin Alexandra Bishop.
AstraZeneca-Geschäftsführerin Alexandra Bishop. Foto: AstraZeneca

Frau Bishop, Karl Lauterbach hat Kernpunkte eines geplanten Medizinforschungsgesetzes vorgestellt. Wie fällt Ihre Bewertung aus?

Alexandra Bishop: Es sind sehr gute Nachrichten, dass die Industrie als Schlüsselindustrie anerkannt wird. Ich begrüße das sehr. Dort sind Maßnahmen geplant, die die Durchführung klinischer Studien gezielt fördern; etwa durch schnellere Genehmigungsverfahren, der Schaffung einer zentralen Bundesethikkommission, insgesamt weniger Bürokratie und die weitere Förderung der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Das sind alles sehr wichtige Punkte. Aber: Diese Dinge helfen uns allen nur, wenn der grundsätzliche Rahmen stimmt. Besonders wichtig für uns als Industrie sind natürlich die Erstattungsbedingungen für neue Arzneimittel. Die müssen stimmen. Leider sind sie in diesem Jahr von der Bundesregierung mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz erheblich verschlechtert worden. Als eine Industrie mit extrem langen Entwicklungszeiten brauchen wir einen stabilen und transparenten Rahmen, der Patient:innen den Zugang zu innovativen Medikamenten ermöglicht. Nur so können wir heute die Innovationen von morgen entwickeln.

Das Medizinforschungsgesetz soll ja noch nicht alles sein. Die Bundesregierung arbeitet an einer Pharmastrategie…

Bishop: Richtig – auch das ist gut. Eine erfolgreich arbeitende Pharmabranche ist wesentlicher Teil einer kritischen Infrastruktur – es hätte keine Pandemie gebraucht, um das zu sehen. Der Job von uns Arzneimittelentwicklern und -herstellern ist die Erforschung und Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse in Arzneimittel und Impfstoffe und ihre Produktion. Aber die Industrie kann noch mehr: Sie treibt Innovationen auch in anderen Bereichen – etwa im Anlagenbau. Sie setzt wichtige Impulse für den Fortschritt in der Medizin, sie ermöglicht, dass kranke Menschen an klinischen Studien teilnehmen können. Und sie ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in diesem Land, schafft hochqualifizierte und krisenfeste Arbeitsplätze. Die Branche steht für Gesundheit, Innovation und Wohlstand; sie ist eine Schlüsselindustrie. Es ist gut für das Land, dass die Politik sie fördern will.

AstraZeneca-Geschäftsführerin Alexandra Bishop
„Der Schutz geistigen Eigentums ist einer der größten Treiber für Innovationen.” Foto: AstraZeneca

Neben der Förderung der klinischen Studien – was sind für Sie weitere wichtige Punkte von dem, was das Medizinforschungsgesetz leisten soll?

Bishop: Dazu ein Blick nach Brüssel: Auf EU-Ebene wird ebenfalls ein Pharmapaket diskutiert. Das erklärte Ziel: Europas Biotechnologie und Pharmaforschung stärken. Merkwürdigerweise will man das dadurch erreichen, dass im Bereich des Schutzes geistigen Eigentums Fristen verkürzt werden. Das geht genau in die falsche Richtung – der Schutz geistigen Eigentums ist einer der größten Treiber für Innovationen. Und deshalb ist es ungeheuer wichtig, dass sich die Bundesregierung in dem Gesetz weiter für einen umfassenden Patentschutz einsetzen will und eine Verkürzung des Unterlagenschutzes ablehnt.

Wie muss es aus Ihrer Sicht jetzt weitergehen?

Bishop: Das Medizinforschungsgesetz, die beiden Digitalisierungsgesetze, die ja bereits im Parlament diskutiert werden, und die Pharmastrategie müssen ein großes Ganzes werden. Dann schaffen wir die Wende, oder, wie es der Gesundheitsminister nennt, die „Reindustrialisierung“ Deutschlands im Pharmabereich. Und dann muss das alles noch umgesetzt werden. Uns brennt vor allem ein Thema unter den Nägeln. Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz hat die Bundesregierung massiv in die Erstattungsbedingungen neuer Medikamente eingegriffen – es ist klar innovationsfeindlich. Es ist jetzt auf dem Prüfstand, was dringend nötig ist. Aus meiner Sicht muss es zwingend überarbeitet werden. Wir müssen uns in Deutschland ein System erhalten, das Innovationen als Investition in die Zukunft erkennt und entsprechend honoriert sowie Planungssicherheit gibt. Das GKV-FinStG in seiner jetzigen Form tut das genau nicht.

Weiterführende Links:
Das Medizinforschungsgesetz (Bundesgesundheitsministerium)

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