Lungenkrebs: Forschung schafft Wissen

Die Mehrheit der Patient:innen mit einem Tumor in der Lunge haben einen sogenannten nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC). Bis vor rund 15 Jahren musste diese Information als Diagnose genügen. Heute ist es dank intensiver Forschung möglich, Krebserkrankungen sehr viel genauer auf bestimmte Merkmale zu untersuchen. Dies öffnet die Tür zu einer zielgerichteteren, individualisierten Therapie.

„Wir lernen immer mehr über Tumore, nicht nur über ihre Gensequenzen, sondern auch darüber, wie sie ‚ticken’“, sagt Dr. Achim Rieth, Ärztlicher Leiter der medizinischen Abteilung im Bereich Hämatologie/Onkologie beim Biotechnologie-Unternehmen Amgen. Unter anderem auf Ebene der Zellen, Gene oder Hormone ist inzwischen eine Vielzahl an Parametern bekannt, die mittels Blut- oder Gewebeuntersuchungen klinisch messbar sind und Aufschluss darüber geben, was im Körper eines Menschen gerade vor sich geht. Diese „Biomarker“ können wichtige Informationen zu Erkrankungen liefern. 

Siehe Lungenkrebs: Während bei dem einen Patienten Veränderungen im „EGFR-Gen“ vorliegen, ist bei einer anderen Betroffenen die Verschmelzung des „ALK-Gens“ mit einem anderen Gen für die Entstehung der Erkrankung verantwortlich. Es gibt mehrere weitere „Treibermutationen“, von denen die Wissenschaft heute weiß, dass sie zu unkontrolliertem Wachstum von Krebszellen führen (s. Grafik).

Lungenkrebs: Der Weg der personalisierten Medizin

Dr. Achim Rieth, Ärztlicher Leiter der medizinischen Abteilung im Bereich Hämatologie/Onkologie, Amgen. Foto: Amgen
Dr. Achim Rieth, Ärztlicher Leiter der medizinischen Abteilung im Bereich Hämatologie/Onkologie, Amgen. Foto: Amgen

Das wachsende Verständnis um solche Biomarker „gibt uns die Möglichkeit, Therapien mit molekularen Werkzeugen zu personalisieren, sodass immer mehr Betroffene die richtigen Behandlungen zur richtigen Zeit während ihres gesamten Krankheitsverlaufs erhalten“, erklärt Dr. Rieth. Es gibt zum Beispiel eine zunehmende Zahl an Arzneimitteln, die bestimmte Treibermutationen adressieren und somit zielgerichtet wirken können.

Wie wichtig es ist, die biologischen Prozesse und Mechanismen von Erkrankungen zu verstehen, zeige exemplarisch die KRAS G12C-Mutation, findet Dr. Rieth. Sie ist eine relativ häufige Form von Erbgutveränderungen im KRAS-Gen. Seit vielen Jahrzehnten widmen sich Wissenschaftler:innen weltweit ihrer Erforschung. Eine der Herausforderungen: Die Oberfläche des KRAS-Proteins ist äußerst glatt – sie bietet kaum offensichtliche Bindungsstellen, an denen Wirkstoffe ansetzen könnten. Bis vor Kurzem galt sie daher als „undruggable“, also als therapeutisch nicht zugänglich. Das hat sich 2021 geändert: Amgen-Forschenden ist es gelungen, eine „Furche“ auf der Oberfläche des mutierten KRAS G12C-Proteins zu finden – daraufhin konnten sie ein Molekül entwickeln, das genau dort wirksam wird. Es ist die erste zugelassene zielgerichtete Therapie für Menschen mit Lungenkrebs, bei denen die KRAS-G12C-Mutation Treiber für das Tumorwachstum ist. 

Personalisierte Medizin ist bei Lungenkrebs längst nicht mehr nur Utopie. Aber eine Behandlung, die auf die Patient:innen zugeschnitten ist, hat eine Voraussetzung: die umfassende Untersuchung des Tumors. Denn die Diagnose „nicht-kleinzelliger Lungenkrebs“ genügt einer modernen Medizin nicht – es braucht mehr Präzision.

Weiterführende Links:

„Der molekulare Fingerabdruck eines Tumors: Biomarker bei Lungenkrebs“ (Amgen.de)

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