Rund 11 Prozent ihres Umsatzes aus eigenen Erzeugnissen reinvestieren die Unternehmen der Pharmabranche in interne F&E-Projekte. „Insgesamt liegt die F&E-Intensität bei rund 16,5 Prozent“, weiß der BPI (s. Grafik). „Sie liegt […] vor dem Automobilbau, der Elektroindustrie und dem verarbeitenden Gewerbe sowie dem Maschinenbau und der chemischen Industrie und ist somit die forschungsintensivste Branche Deutschlands.“
Die Entwicklung von Arzneimitteln ist komplex: Von rund 10.000 Molekülen, „die am Anfang als Wirkstoff in Frage kommen könnten, weil sie ein krankheitsrelevantes Ziel im Organismus beeinflussen“, schafft es laut BPI nach etwa 8 bis 12 Jahren gerade eine Substanz erfolgreich durch den behördlichen Zulassungsprozess. „Je nach Medikament können laut Berechnungen verschiedener Wissenschaftler Kosten in Höhe von bis zu vier Milliarden Euro entstehen.“
Jahr für Jahr neue Behandlungsmöglichkeiten
„Trotz der (stetig wachsenden) Komplexität dieses […] F&E-Prozesses, liefern pharmazeutische Unternehmen Jahr für Jahr neue Medikamente für die Gesundheitsversorgung“, heißt es in den Pharma-Daten 2022. Nach Angabe der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) sind 2021 „in Europa 46 neue Arzneimittel basierend auf neuen Wirkstoffen zugelassen worden.“
Aber: „Die kritische Situation der pharmazeutischen Industrie spitzt sich seit Jahren zu.“ Der BPI verweist auf „Schlagworte wie Inflation, Ukrainekrieg, Rohstoffpreissprünge, Lieferengpässe, Fachkräftemangel und Energiekrise. Es liegt also auf der Hand: Die Herausforderungen nehmen kontinuierlich für die pharmazeutische Industrie am Standort Deutschland zu und die Chancen, die jährlich wachsende Zahl an Aufgaben und Ausgaben zu refinanzieren, werden immer weiter eingeschränkt.“ Auf die Kombination der derzeitigen Krisen treffen gesundheitspolitische Entscheidungen wie das jüngst beschlossene GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, das die Branche zusätzlich belastet und die Versorgung der Menschen in Deutschland mit innovativen Arzneimitteln zu verschlechtern droht. Dabei leistet die Pharmaindustrie schon heute einen Sparbeitrag von rund 21 Milliarden Euro pro Jahr zugunsten der GKV. Und: Der Anteil der Arzneimittelhersteller an den Gesamtausgaben der GKV beträgt nur rund 11 Prozent.
Weitere News
Innovationsbilanz 2022: Große Bandbreite neuer Arzneimittel
49 neu eingeführte Medikamente und Impfstoffe sowie zahlreiche Zulassungserweiterungen: Das ist die Innovationsbilanz für das ablaufende Jahr. Für den Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) ist das der Beleg, dass die Innovationskraft der Branche intakt ist. Er sieht aber dunkle Wolken aufziehen.
Pharmaforschung: Unmögliches möglich machen
Wirkstoffe gegen die Alzheimer-Erkrankung zu entwickeln – daran haben forschende Pharmaunternehmen wenig Interesse. Klar, das finanzielle Risiko ist schlicht zu hoch. So lautet einer dieser Mythen, die sich wacker halten, aber einem Faktencheck nicht standhalten. Denn das Geschäftsmodell der Industrie ermöglicht es, dass in Wirkstoffkandidaten investiert wird, die Milliardensummen verschlingen, bei denen die Chance des Scheiterns bisher fast 100 Prozent ist.
GKV-Spargesetz: Ein Gesetz mit unbekannten Folgen
Das vom Bundestag abgesegnete GKV-Finanzstabilisierungsgesetz wird langfristig Folgen haben, deren Tragweite noch gar nicht abzuschätzen ist. Es sind nicht nur Pharmaunternehmen, die glauben, dass es die Versorgung mit innovativen Arzneimitteln in Deutschland verschlechtern wird. Ein Kommentar von Florian Martius.