Das Jahr 2024 markierte eine Zäsur: Zum ersten Mal überholte China sowohl die USA als auch Europa bei der Zahl neuartiger Wirkstoffe. Von weltweit 81 erstmals eingeführten Präparaten stammten 28 aus Unternehmen, die ihren Hauptsitz in der Volksrepublik haben. 25 kamen aus den Vereinigten Staaten, 18 aus Europa. Lange Zeit hatte China keine große Rolle gespielt – bis 2017 hatte EFPIA das Land in ihrer Grafik unter dem Punkt „andere“ eingefügt, nun ist es Anführer. „Nachdem Europa seine Krone als die weltweite Spitzenregion für Innovation im Jahr 2000 verloren hat, ist es nun auf dem dritten Platz des Siegertreppchens“, so der Verband in seiner Veröffentlichung „The Pharmaceutical Industry in Figures“.
Es war absehbar: Im Zeitraum von 2010 bis 2014 wuchsen die pharmazeutischen Forschungsausgaben in China pro Jahr im Schnitt um 32,9 Prozent – in Europa hingegen um nur 2,5 Prozent. Inzwischen liegt die jährliche Wachstumsrate (2020-2024) bei 16,2 Prozent (China) bzw. 8,3 Prozent (Europa). Investitionen in Forschung und Entwicklung sind zwar keine Erfolgsgarantie – aber Voraussetzung, um neue Behandlungsmöglichkeiten entwickeln und im besten Fall für die Patient:innen weltweit verfügbar machen zu können.
Pharma: Für Gesundheit, Innovation, Wohlstand

Stefan Oelrich, EFPIA-Präsident und Leiter der Division Pharmaceuticals bei Bayer, erklärte kürzlich: „Die Zeit ist gekommen, um Europa wieder zum globalen Mittelpunkt biopharmazeutischer Innovation zu machen.“ Er wünscht sich, dass der Reset-Schalter betätigt wird – „um attraktiv für Investitionen zu sein, um die Translation wissenschaftlicher Erkenntnisse in Arzneimittel zu forcieren, um den Zugang der Patient:innen zu Therapien zu beschleunigen“. Er ist sich sicher: Wenn das gelingt, „dann kann und dann werden wir ein biopharmazeutisches Ökosystem aufbauen, das nachhaltig für die Gesundheit und wirtschaftliche Sicherheit aller Europäer:innen heute und morgen sorgt.“
Es ist viel zu tun, es gilt die Rahmenbedingungen innovationsfreundlicher zu gestalten – ansonsten riskiert Europa einen „anhaltenden Exodus von Arbeitsplätzen und Investitionen und eine anhaltende Abhängigkeit von Regionen wie den USA und China mit Blick auf künftige medizinische Innovationen und Versorgung“, warnt EFPIA.
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