Rentabilität von Pharmaforschung sinkt

„Unsere Analyse zeigt, dass die Entwicklung neuer Therapien länger dauert und mehr kostet und dass diese Therapien weniger Umsatz generieren“: So fasst Alexander Mirow von der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte in der Schweiz eine aktuelle Veröffentlichung zusammen. Demnach sinkt die Rentabilität von pharmazeutischer Forschung und Entwicklung. Es braucht eine Trendumkehr: Alles andere würde den medizinischen Fortschritt verlangsamen – zulasten der Patient:innen.

Seit 2010 berechnet das „Centre for Health Solutions“ von Deloitte die Renditen der Forschungsinvestitionen, die die größten Unternehmen der Life-Sciences- und Biotech-Branche aus den Wirkstoffen in der Spätphase der Entwicklung erwarten. Dabei waren selbst die Fachleute von den Ergebnissen überrascht:

  • Die durchschnittliche Zeit, die es braucht, um Wirkstoffkandidaten durch alle Phasen der klinischen Studien zu bringen, ist von 6,9 Jahren (2021) auf 7,1 Jahre (2022) gestiegen. Mit Ausnahme von 2020 lag die Dauer seit Beginn der Untersuchungsreihe immer unter 7 Jahren.
  • Aus diesem Grund sind auch die durchschnittlichen Kosten für die Entwicklung eines neuen Arzneimittels bzw. Impfstoffes gestiegen: um 298 Millionen US-Dollar auf 2,3 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022.
  • Gleichzeitig stellten die Deloitte-Expert:innen fest, dass der durchschnittliche prognostizierten Spitzenumsatz pro Wirkstoff von 500 Millionen US-Dollar (2021) auf 389 Millionen US-Dollar (2022) gesunken ist.
Pharmaforschung: Unter Druck
Schlüssel Pharmaforschung: Schwere Leiden besser verhindern, behandeln oder gar heilen. ©iStock.com/inkoly

Wenn steigende Kosten auf niedrigere Umsatzerwartungen treffen, sinkt die Rentabilität: Das verdeutlicht die für 2022 prognostizierte durchschnittliche Kapitalrendite aus Forschung und Entwicklung, die die Autor:innen des Berichts berechnet haben. Sie sank auf 1,2 Prozent – der Wert war während der gesamten Untersuchungsreihe noch nie so niedrig (s. Grafik). Ein Negativ-Trend ist schon länger zu beobachten – aufgrund der Corona-Pandemie gab es allerdings einen Ausreißer nach oben. „Ein Rückgang der Rendite auf den Forschungsinvestitionen war zwar nach einem so außergewöhnlichen und von der Corona-Pandemie geprägten Jahr wie 2021 unvermeidlich. Doch mit einem solchen Einbruch hat kaum jemand gerechnet. Auch ohne die COVID-19-Impfstoffe und -Therapien war die Kapitalrendite 2021 aller Voraussicht nach immer noch doppelt so hoch wie 2022“, so Nico Kleyn, Partner und Leiter des Bereichs Life Sciences and Health Care von Deloitte für die Schweiz und für North and South Europe.

Pharmaforschung: Unter Druck

Und damit nicht genug: Die 20 größten global tätigen Pharmafirmen gaben 2022 insgesamt 139 Milliarden US-Dollar für Forschung und Entwicklung aus – 2 Prozent weniger als im Vorjahr. Weniger Investitionen – das bedeutet weniger Forschungsprojekte. Die Zahl der Wirkstoffkandidaten in der Pipeline, deren Entwicklung gestoppt wurde, hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt: 2022 waren es 30 Präparate, an denen nicht weitergearbeitet wurde. Deloitte verweist in seinem Bericht auf politische Sparmaßnahmen, die einen Einfluss auf Forschungsinvestitionen haben. Den medizinischen Fortschritt abbremsen? Das kann niemand wollen. Es braucht eine Trendumkehr – denn Pharmaforschung ist der Schlüssel, um Leiden wie Krebs, Morbus Alzheimer oder COVID-19 immer besser verhindern, behandeln oder gar heilen zu können.

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