In Berlin wurde jetzt der Digitale Gesundheitspreis vergeben – zu den vier Preisträger:innen zählt auch ein Roboter. Foto: ©iStock.com/SOMKID THONGDEE
In Berlin wurde jetzt der Digitale Gesundheitspreis vergeben – zu den vier Preisträger:innen zählt auch ein Roboter. Foto: ©iStock.com/SOMKID THONGDEE

Digitaler Gesundheitspreis: Navel räumt ab

Ein lustiges Kerlchen mit Wollmütze und jeweils ein Projekt für Frauen und Senior:innen – das sind die Gewinner des von Novartis ausgelobten Digitalen Gesundheitspreises, der jetzt in Berlin vergeben wurde. Beim Publikumspreis konnten die Zuschauenden zwischen zwei Projekten wählen, die sich – auf höchst unterschiedliche Weise – mit den menschlichen Füßen befassen.
Navel-Roboter
Roboter Navel soll Mangel an Pflegekräften ausgleichen. Foto: ©2023 navel robotics GmbH

Wozu braucht es eigentlich einen digitalen Gesundheitspreis? Was ist die Idee dahinter? Diese Frage von Moderator Sascha Schiffbauer beantwortete Nicolas Weber, Head of Innovation & Activation bei Novartis, in klaren Worten: „Als forschendes Pharma-Unternehmen leben wir von Innovation.“ Deswegen sei es für das Unternehmen „normal“, Start-ups zu fördern, woraus schließlich die Idee eines digitalen Gesundheitspreises entstanden sei. Dabei sei es nicht nur darum gegangen, einen Preis ins Leben zu rufen, sondern den kleinen, jungen Unternehmen eine Plattform zu geben.

Die Pole Position auf dieser Plattform nahm unter mehr als 100 Einsendungen diesmal ein kleiner Roboter mit dunkelblauer Strickmütze ein, der entfernt an den kugeligen Droiden aus der Star-Wars-Reihe erinnerte: Navel ist ein sozialer Roboter, der in München entwickelt wurde und dabei helfen soll, den Mangel an Pflegekräften auszugleichen und ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern. Der freundliche Typ mit der Mütze basiert auf verschiedenen KI-Modellen. Er stellt und beantwortet den Bewohner:innen in Pflegeheimen Fragen, hört ihnen zu, muntert sie auf und erzählt sogar Witze.

„Deep Tech trifft Care“

Und das soll funktionieren? Navel durfte sich bei der filmischen Präsentation persönlich vorstellen – und er verbreitete sofort eine heitere Stimmung in der Alten Münze in Berlin. Auch bei Jury-Mitglied Anne Seubert, die erklärte: „Deep Tech trifft hier das Care in Healthcare.“ Ein wesentlicher Grund dafür sei, dass in dem Entwicklerteam nicht nur Computernerds dabei waren, sondern auch Menschen aus Pflegeberufen. Navel reagiert mit Mimik und Gestik auf sein Gegenüber, er wirkt empathisch und zugewandt. Seit Oktober 2023 ist er in mehreren Pflegeeinrichtungen als Pilotprojekt im Einsatz – und die meisten Bewohner:innen haben ihn dort schnell ins Herz geschlossen. Das Preisgeld in Höhe von 25.000 Euro können die Erfinder von „navel robotics“ aus München nun dafür nutzen, ihren sozialen Roboter weiter zu entwickeln.

Gesundheitsangebot für Unternehmen

Gesundheitsangebot für Unternehmen
2. Platz des digitalen Gesundheitspreises: „hermaid“. ©iStock.com/Vera_Petrunina

Auf den mit 15.000 Euro dotierten zweiten Platz wählte die zehnköpfige Jury, die ehrenamtlich und unabhängig arbeitet, das Projekt „hermaid“ der Her-Medical-Aid GmbH aus Berlin. Auch hier spielt Künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle – denn diese digitale Plattform wartet mit KI-gesteuerten, personalisierten Empfehlungen rund um das Thema „Menopause“ auf. Hermaid ist ein Angebot für Unternehmen, die ihre Mitarbeiterinnen bei gesundheitlichen und hormonellen Beschwerden unterstützen wollen. Hermaid-CEO Susanne Feldt erklärte, das Projekt stehe noch ganz am Anfang: „Wir haben bislang rund 70 Nutzerinnen und erste Unternehmenskunden.“ Das Preisgeld solle nun dafür eingesetzt werden, die Hermaid-App in größerem Stile „live zu bringen.“ Derzeit konzentriert sich das Entwicklungsteam auf das Thema „Menopause“ – doch noch in diesem Jahr soll es um Fragestellungen zu Fruchtbarkeit oder Endometriose erweitert werden.

Der besondere Draht

Der mit 10.000 Euro dotierte Sonderpreis unter der Schirmherrschaft der Barmer Krankenkasse ging an den Telefondienst „Silberdraht“. Hier geht es darum, auch Menschen ohne Internetanschluss einen Zugang zu digitalen Inhalten zu ermöglichen. Denn der Sonderpreis trägt schließlich das Motto: #ZugangFürAlleUndÜberall.

Und darum geht es: Silberdraht ist ein Telefonservice für Menschen ab 65 Jahren, die kein Internet nutzen – sie erhalten rund um die Uhr Zugriff auf verlässliche, digitale Informationsquellen im Audioformat. Dabei gibt es für die Senior:innen drei Wahlmöglichkeiten: Sie können Antworten auf häufig gestellte Fragen erhalten, etwa die, was getan werden kann, wenn jemand pflegebedürftig wird oder was sich gegen Einsamkeit unternehmen lässt. Außerdem gibt es eine KI-gesteuerte Inhaltssuche im Internet und die Senior:innen können digitale Formulare via Telefon ausfüllen. Ins Leben gerufen wurde „Silberdraht“ während der Corona-Pandemie von der „Access All Areas UG“ aus Heidelberg. „Damals“, berichtet Mitgründerin Susanne Steiger, „haben wir die aktuellen Corona-Zahlen des RKI weitergegeben – das war der Start von Silberdraht.“ Der Telefondienst verbreitet übrigens nicht überall dieselben Infos, sondern stimmt sie auf den jeweiligen Wohnort der Anrufenden ab.

Zwei Projekte für die Füße

Zwei Projekte für die Füße
Digitalisierung: Gesundheitsstandort Deutschland verbessern. Foto: ©iStock.com/Tippapatt

Zum Ende hatte das Publikum die Qual der Wahl, wer den mit 10.000 Euro dotierten Publikumspreis erhalten sollte. Neben dem Projekt „Silberdraht“ standen hier zwei im wahrsten Sinne fußläufige Projekte zur Auswahl: Die Osentech GmbH aus Neubrandenburg hat eine „intelligente Einlegesohle“ entwickelt, deren Sensoren bei Diabetikern die Temperatur der Fußsohlen messen. Mit der zugehörigen App soll so dem Diabetischen Fußsyndrom vorgebeugt werden, das im schlimmsten Fall zur Amputation des Fußes führen kann. Dank der Einlegesohle können beginnende Entzündungen früh erkannt und behandelt werden.

Als Gegenkandidat zu der Osentec-Sohle trat die FitKick-Liga der INFO GmbH aus Cloppenburg an. Hier geht es um eine spezielle Art, Fußball zu spielen. Ärzt:innen, Pädagog:innen und Sportwissenschaftler:innen haben hier eine gesundheitsorientierte Variante des klassischen Fußballs entwickelt, die auch für Menschen mit Herzkreislauf-Problemen gedacht ist – mit ausgiebigen Dehnübungen, kleinen Spielfeldern und ohne Zweikämpfe. Auf den Einwand, dass Fußball zu den verletzungsanfälligsten Sportarten zähle, entgegnete FitKick-Gründer Bastian Schrader: „Klar, wir wollen nicht, dass die Leute vom Kardiologen zum Orthopäden wechseln“ – deshalb haben er und sein Team bei der Entwicklung auch sehr darauf geachtet, dass FitKick nicht nur die Herzgesundheit verbessert, sondern auch Verletzungen so gut es geht vermeidet. „Wir verzeichnen nur 2 Verletzungen auf 100.000 Trainingsstunden“, so Schrader, und damit deutlich weniger als beim normalen Fußball. Das Training findet einmal wöchentlich in kleinen Gruppen statt. Dabei werden auch Puls-Uhren und andere „Wearables“ verwendet und es geht mehr um Spaß als um Wettkampf.

Das Publikumsvotum fiel schließlich sehr eindeutig aus, was kurz vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft auch keine Überraschung war: Der Publikumspreis ging an die FitKick Liga.

In seinem Schlusswort fand Nicolas Weber nicht nur für digitale Innovationen lobende Worte, sondern auch für den Gesundheitsstandort Deutschland, der „superstark“ aufgestellt sei. Aber: „Die Welt dreht sich weiter, immer schneller“ – die Digitalisierung und die Verwendung von Daten seien enorm wichtig geworden. Dabei komme es entscheidend auf Partnerschaften an. „Wir suchen wirklich Partner“, so Weber, „um gemeinsam die Versorgung am Gesundheitsstandort Deutschland zu verbessern – dafür brauchen wir kleine Start-ups und große Firmen, wir brauchen alle.“

Nützliche Links:
https://vr.gesundheitspreis-digital.de/
https://navelrobotics.com/
https://www.hermaid.me/
https://www.silberdraht.tel/
https://fitkickliga.de/
https://osentec.de/

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