Expert:innen weltweit warnen: Eine übermäßige Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und fehlende Anpassung an die Erderwärmung haben zerstörerische Auswirkungen auf die Gesundheit. Foto: iStock.com / Marc Bruxelle
Expert:innen weltweit warnen: Eine übermäßige Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und fehlende Anpassung an die Erderwärmung haben zerstörerische Auswirkungen auf die Gesundheit. Foto: iStock.com / Marc Bruxelle

Nichtstun in der Klimakrise „kostet jedes Jahr Millionen Menschenleben“

Die Klimakrise ist eine Gesundheitskrise. Ein Team von Wissenschaftler:innen weltweit hat einen neuen Bericht im Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlicht, der es in sich hat: Er macht deutlich, „dass Untätigkeit angesichts der Klimakrise schon heute in allen Ländern Menschen tötet“ – so bringt es Dr. Jeremy Farrar von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf den Punkt. Doch es gibt auch eine positive Nachricht.

Ende September warnten führende Meteorolog:innen, dass sich die Erde stärker und schneller erhitzen könnte, als bisher erwartet. Bereits um das Jahr 2050 könnte demnach die Erwärmung ein Plus von drei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit erreichen. Das entspricht einer Welt, die heute kaum vorstellbar ist.

Wie die Klimakrise Menschenleben schon heute zerstört

Foto: iStock.com / Scharfsinn86
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„Jedes Stückchen Erwärmung kostet Menschenleben und Lebensgrundlagen“, sagt Dr. Farrar, der bei der WHO stellvertretender Generaldirektor für Gesundheitsförderung, Krankheitsprävention und Versorgung ist. Laut dem aktuellen „Lancet Countdown on health and climate change” hat die Rate an hitzebedingter Sterblichkeit seit den 1990er-Jahren um 23 Prozent zugenommen; im Durchschnitt sind es pro Jahr rund 546.000 Todesfälle. „2024 war der Durchschnittsmensch an 16 Tagen einer gefährlichen Hitze ausgesetzt, die ohne den Klimawandel nicht aufgetreten wäre“, so die WHO in einer Pressemitteilung. Das hat enorme ökonomische Auswirkungen: Aufgrund der Belastung gingen vergangenes Jahr 640 Milliarden potenzielle Arbeitsstunden verloren – die dadurch entstandenen Produktivitätsverluste entsprechen mehr als einer Billion US-Dollar.

Insgesamt haben 12 von 20 Indikatoren, die anzeigen, wie stark die Klimakrise bereits Einfluss auf die menschliche Gesundheit hat, inzwischen „Rekordlevel“ erreicht. Dürreperioden und Hitzewellen hatten 2023 zur Folge, dass zusätzliche 124 Millionen Menschen moderate oder schwerwiegende Ernährungsunsicherheit erfahren mussten.

Und dass sich die Ausbreitung von Infektionskrankheiten verändert und beispielsweise das Risiko für das tropische Dengue-Fieber sogar in Europa zunimmt, ist auch nichts Neues: Unter anderem haben mildere Winter bzw. höhere Sommertemperaturen den Lebensraum von Mücken, die solche Viren übertragen können, deutlich erweitert (s. Pharma Fakten).

Klimaschutzmaßnahmen schützen Menschen

Doch Subventionen in fossile Brennstoffe sind noch immer um einiges größer als die finanziellen Mittel, die in den Kampf gegen die Klimakrise investiert werden. „Regierungen steckten 2023 956 Milliarden US-Dollar netto in Subventionen für fossile Brennstoffe; es ist mehr als das Dreifache des zugesagten Beitrages, der jährlich die durch die Klimakrise besonders gefährdeten Länder unterstützen soll“, schreibt die WHO. In fünfzehn Ländern übertraf die Subventionierung sogar das gesamte nationale Gesundheitsbudget.

Klimaschutz als größte Gesundheitschance. Foto: iStock.com / Carlos Barquero Perez
Klimaschutz als größte Gesundheitschance. Foto: iStock.com / Carlos Barquero Perez

Aber es gibt auch eine gute Nachricht: „Klimaschutzmaßnahmen sind die größte Gesundheitschance unserer Zeit“, unterstreicht Dr. Farrar. Laut dem Lancet-Bericht wurden zwischen 2010 und 2022 geschätzte 160.000 frühzeitige Todesfälle pro Jahr allein dadurch verhindert, dass die Luftverschmutzung durch Kohleverbrennung abgenommen hat. Klimaschutz ist Menschenschutz. „Ein rascher Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zugunsten sauberer, erneuerbarer Energien und einer effizienten Energienutzung bleibt der wirksamste Hebel, um den Klimawandel zu verlangsamen und Leben zu schützen. Gleichzeitig würde der Übergang zu gesünderen, klimafreundlichen Ernährungsweisen und nachhaltigeren Agrarsystemen die Verschmutzung, die Treibhausgasemissionen und die Abholzung massiv verringern – und könnte potenziell mehr als zehn Millionen Leben pro Jahr retten“, erklärt Dr. Marina Romanello, Geschäftsführerin des Lancet Countdown am University College London.

COP30: UN-Klimakonferenz in Belém

Vom 10. bis 21. November 2025 kommen u. a. politische Entscheidungsträger:innen, Wissenschaftler:innen, Nichtregierungsorganisationen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft aus aller Welt auf der UN-Klimakonferenz COP30 in der brasilianischen Amazonas-Stadt Belém zusammen. Für sie alle bietet der Lancet Countdown-Bericht eine wissenschaftliche Grundlage, welche die große Bedeutung gesundheitsorientierter Klimaschutzmaßnahmen unterstreicht.

André Aranha Corrêa do Lago, designierter Präsident der COP30, schreibt in einem öffentlichen Brief: „Die COP30 findet im Epizentrum der Klimakrise statt. Doch angesichts steigender Wasserspiegel und einem sich verändernden Klima entsteht eine tiefere Kraft – der Wille der Menschen, das zu schützen, was sie lieben. […] In Belém, wo die Flüsse ins Meer münden, wollen wir das Bündnis zwischen Mensch und Natur erneuern“. Er wünscht sich Solidarität, Resilienz, Evolution und „Veränderung aus freiem Willen – gemeinsam.“

Weiterführender Link: https://lancetcountdown.org/

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Extreme Hitzewellen sind nicht nur anstrengend – sie können auch eine ernsthafte Gesundheitsbedrohung sein. Das Beratungsunternehmen IQVIA hat Ergebnisse einer Real World Data-Studie veröffentlicht, die zeigt: „Personen, die einen Hitzschlag erlitten haben, entwickeln in den Folgejahren etwa doppelt so häufig Migräne wie vergleichbare Personen ohne Hitzschlag“. Und sogar das Risiko für Schlaganfälle ist erhöht.

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