641 von forschenden Pharmafirmen veranlasste klinische Studien waren es 2016 in Deutschland – für 2021 zählte der vfa nur noch 589. Während in der Bundesrepublik über die vergangenen Jahre ein ziemlicher Sinkflug zu beobachten war, setzten andere Länder zur Aufholjagd an. Die Folge: Inzwischen weisen nicht nur die USA, sondern auch China, Spanien, das Vereinigte Königreich (UK) und Kanada eine bessere Bilanz auf. Von Platz 2 auf Platz 6 in nur 5 Jahren – kein gutes Zeugnis für Deutschland.
„Dass es anders geht, zeigt Spanien: Dieses Land hat sich zum wichtigsten Standort für Studien von Pharma-Unternehmen nach den USA und China entwickelt“, so der vfa. Diesem Beispiel zu folgen, wäre für die Menschen hierzulande von großem Nutzen. „Denn bei klinischen Studien mitwirkende Ärztinnen und Ärzte können die Medizin von Morgen erlernen. Erkrankte erhalten zusätzliche Chancen und eine besonders intensive Betreuung. Unternehmen wiederum kommen mit der Therapieentwicklung schneller voran, wenn auch deutsche Kliniken mitwirken.“
Die vfa-Erhebung beruht auf dem internationalen Studienregister Clinicaltrials.gov. Gezählt wurde, an wie vielen 2021 begonnenen, von Pharmafirmen veranlassten klinischen Studien Kliniken oder Praxen eines Landes mitgewirkt haben.
Studienstandort Deutschland: Barrieren abbauen
Eine „Trendumkehr“ erfordere „Veränderungen an verschiedenen Stellen“, meint der vfa. Darunter: „eine bundesweite Harmonisierung des Datenschutzes für Studien“ und „zügigere Vertragsverhandlungen zwischen medizinischen Einrichtungen und Pharmaunternehmen.“ Der Verband erklärt: „Um Vertragsverhandlungen zu erleichtern, haben vfa und die Deutsche Hochschulmedizin Mustervertragsklauseln zusammengestellt, als Vorschlag für die Ausgestaltung gängiger Vertragsteile. Solche Klauseln sind Teil des Erfolgs von Spanien im Studienwesen. Ihre Verwendung ist dort […] verbindlich.“ In Deutschland ist das nicht so.
Das jüngst beschlossene GKV-Finanzstabilisierungsgesetz dürfte ebenfalls nicht gerade zu einer Trendumkehr in Deutschland beitragen: Denn wenn es forschenden Firmen künftig in vielen Fällen nicht mehr möglich ist, den Zusatznutzen eines neuen Arzneimittels zu monetarisieren, werden sie sich genau überlegen müssen, ob sie dazu Studien in Deutschland aufsetzen (s. Pharma Fakten) oder das Präparat auf den hiesigen Markt bringen können (s. Pharma Fakten).
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