Es sind mehr als die Bevölkerung der USA, Kanadas, Mexikos und der Karibik zusammen: Weltweit leben fast 600 Millionen Erwachsene mit Diabetes. Foto: ©iStock.com/nambitomo
Es sind mehr als die Bevölkerung der USA, Kanadas, Mexikos und der Karibik zusammen: Weltweit leben fast 600 Millionen Erwachsene mit Diabetes. Foto: ©iStock.com/nambitomo

Immer mehr Diabetes weltweit: „Untätigkeit ist keine Option“

Es sind mehr als die Bevölkerung der USA, Kanadas, Mexikos und der Karibik zusammen: Weltweit leben fast 600 Millionen Erwachsene mit Diabetes. Das geht aus einem Bericht der International Diabetes Federation (IDF) hervor. Sowohl auf nationaler als auch auf globaler Ebene braucht es „energischere Maßnahmen“ im Kampf gegen diese Erkrankung – angefangen bei Prävention und Früherkennung, heißt es seitens der Organisation. Das gilt auch für Deutschland.
Diabetes: Es braucht mehr Gesundheitsaufklärung. Foto: ©iStock.com/ronstik

Es sind erschreckende Zahlen, die die IDF vorliegen hat: Weltweit lebt fast einer von neun Erwachsenen im Alter von 20 bis 79 Jahren (589 Mio.) mit Diabetes. Doch davon wissen schätzungsweise mehr als 250 Millionen Menschen nicht, dass sie die Krankheit haben. Die Folge: Ein erhöhtes Risiko für schwere Komplikationen wie Herzinsuffizienz und frühzeitigen Tod. Die meisten Diabetes-Betroffenen (ca. 3/4) leben in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Es muss dringend gegengesteuert werden – denn im Jahr 2050 könnten bereits 853 Millionen Erwachsene von Diabetes betroffen sein.

Der Präsident der IDF, Professor Peter Schwarz, findet: „Die Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit, auf nationaler und globaler Ebene energischere Maßnahmen zur Bekämpfung von Diabetes zu ergreifen.“ Regierungen müssten insbesondere „der Früherkennung, der Frühdiagnose und der Aufklärung Vorrang einräumen“. Außerdem sei eine „sektor- und fachübergreifende Zusammenarbeit“ notwendig – etwa zwischen Politiker:innen, Verantwortlichen des Gesundheitssektors und des Bildungswesens, Industrie-Vertreter:innen. „Untätigkeit angesichts dieser Pandemie ist keine Option“, so Schwarz.

Schon heute sterben pro Jahr rund 3,4 Millionen Menschen auf dem Globus an Diabetes – auch diese Zahl droht weiter anzusteigen. 1 von 8 Erwachsenen hat laut IDF aktuell ein hohes Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken.

Diabetes: Prävention und Früherkennung stärken

Auch Deutschland hat viel zu tun. Mit Blick auf die Ergebnisse aus den Koalitionsverhandlungen hatte Barbara Bitzer, Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), kritisiert: „Die neue Bundesregierung hat offensichtlich kein Interesse daran, nichtübertragbare Krankheiten wirksam zu bekämpfen und dafür endlich auch die Industrie in die Pflicht zu nehmen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Adipositas und Typ-2-Diabetes sind die gesundheitspolitischen Herausforderungen unserer Zeit und die neue Bundesregierung findet dafür nur wenige, mutlose Sätze und keine belastbaren Lösungen.“ Sie wünscht sich „verbindliche, strukturierte und umfassende Maßnahmen der Verhältnisprävention“ – und eben nicht nur „Freiwilligkeit, Eigenverantwortung und Aufklärung“.

Diabetes: Prävention und Früherkennung stärken
Politik: Gesundheit fördern. Foto: ©iStock.com/Chinnapong

In einem 6-Punkte-Plan hatte DANK noch vor der Bundestagswahl konkrete Präventionsmaßnahmen identifiziert und sich damit an die Politik gerichtet. Darunter sind etwa eine „Limo-Abgabe“, also eine Herstellerabgabe auf zuckergesüßte Getränke, sowie eine „Gesunde Mehrwertsteuer“, um ungesunde Lebensmittel stärker zu besteuern und Gesundes steuerfrei zu machen. Gefordert wird auch ein verbindlicher Nutri-Score auf alle Produkte.

Zwar gibt es in Deutschland eine „Nationale Diabetes-Strategie“ (NDS) – doch bislang habe sie ihr Dasein als „Papiertiger […] in der Schublade des Bundesgesundheitsministers“ gefristet, wie DDG-Präsident Prof. Dr. Andreas Fritsche vergangenen Herbst im Pharma Fakten-Interview erklärte. Dabei seien darin „wichtige Ansätze für die Prävention und Versorgung“ bei Diabetes festgeschrieben worden. Was allerdings auch hier fehlt: „konkrete Maßnahmen, um die Ziele der NDS zu erreichen.“ Doch ohne eine wegweisende Gesundheits- und Diabetespolitik kann es nicht gelingen, „die steigenden Erkrankungszahlen und die damit verbundenen Folgeerkrankungen und auch Gesundheitskosten zu reduzieren und wenn möglich zu verhindern.“

Prävention lohnt sich – auch wirtschaftlich

Diabetes-Erkrankungen und Komplikationen verhindern: Das wäre nicht nur gut für die einzelnen Menschen und ihre Angehörigen. Profitieren würden auch Gesundheits- und Wirtschaftssysteme.

Wie die IDF-Zahlen zeigen, überschreiten die weltweiten Gesundheitsausgaben im Zusammenhang mit Diabetes 2024 zum ersten Mal die Grenze von einer Billion US-Dollar. Und auch das Wissenschaftsbündnis DANK betont immer wieder, dass Maßnahmen der Verhältnisprävention auch die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland nachhaltig stärken können. Schließlich sei eine gesunde Bevölkerung die Grundlage für eine leistungsfähige Gesellschaft. „Strukturierte Präventionsmaßnahmen sparen nicht nur viel menschliches Leid, sondern auch hohe Folgekosten für Staat und Gesellschaft“, so Bitzer.

Diabetes-Versorgung sichern

Diabetes-Versorgung sichern
Fachkräftemangel: Diabetes-Versorgung sichern. Foto: ©iStock.com/dusanpetkovic

In Deutschland leben rund 9 Millionen Menschen mit Diabetes – bis 2040 sollen es Prognosen zufolge 12 Millionen sein. Angesichts des Fachkräftemangels warnt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) vor einem drohenden Versorgungsnotstand. In einer „Agenda Diabetologie 2030“ fordert sie von der Politik mehr Prävention, eine Stärkung der Forschung sowie eine Sicherung der Versorgung – so solle etwa der Bereich „Diabetologie/Endokrinologie“ in den Curricula des Medizinstudiums stetig erweitert werden. „Diabetes und seine Folgeerkrankungen gehören zu den größten gesundheitlichen Herausforderungen unserer Zeit – und wir haben nicht genug spezialisierte Fachkräfte, um dieser Entwicklung adäquat zu begegnen“, fürchtet DDG-Vizepräsidentin Professor Dr. Julia Szendrödi.

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