
Dem würde wohl kaum jemand widersprechen: Bei der Gesundheitsprävention ist in Deutschland noch viel Luft nach oben. Und das kostet, wie die DANK-Allianz, das Bündnis aus 22 medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften, Verbänden, Organisationen und Forschungseinrichtungen, in ihrem „6-Punkte-Plan zur Bundestagswahl 2025“ vorrechnet:
- Bei Diabetes sind es jährlich 30 Milliarden Euro an so genannten direkten Exzesskosten. Auf mehr als das Doppelte belaufen sich die gesamtgesellschaftlichen Kosten der Adipositas (63 Milliarden Euro).
- Für die Behandlung von chronischen Nierenerkrankungen müssen mehr als 24 Milliarden Euro im Jahr oder fünf Prozent der Gesamtgesundheitskosten aufgebracht werden.
- Die Kosten für Krebserkrankungen? Sie belaufen sich auf 23 Milliarden Euro im Jahr oder 280 Euro pro Kopf.
- Richtig ins Geld gehen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. DANK geht von Gesamtkosten in Höhe von 46,4 Milliarden Euro im Jahr aus; ungefähr 13,7 Prozent der gesamten Krankheitskosten. Und auch die Behandlung von Atemwegserkrankungen ist teuer: ca. 33,4 Milliarden Euro sind es.
Konsens ist, dass ein erheblicher Anteil der Krankheiten durch die Reduzierung von Risikofaktoren wie ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel oder Tabak- und Alkoholkonsum weitgehend vermieden werden könnte.
Ein Gesundheitssystem wie in Deutschland, das vor allem als Reparaturbetrieb ausgelegt ist, ist im Grunde unbezahlbar. Zudem ist in Untersuchungen belegt: Hohe Krankheitstage sind längst als „veritable Wachstumsbremse“ identifiziert. Als nichtübertragbare Krankheiten gelten all die Erkrankungen, die nicht von Mensch zu Mensch übertragen werden; ihre Ursache liegt meist in genetischen, umwelt- und lebensstilbedingten Faktoren.
Nichtübertragbare Krankheiten bringen viel Leid

Im Sechs-Punkte-Plan heißt es: „Nichtübertragbare Krankheiten sind weltweit die häufigste Ursache für verlorene Lebensqualität und einen frühzeitigen Tod. Sie tragen wesentlich zu einer hohen Krankheitslast der Bevölkerung bei. So gehen über 80 Prozent der vorzeitigen Todesfälle in Europa auf Krebs, Herzkreislauf- und Nieren-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Erkrankungen der Verdauungsorgane, der Leber und der Bauchspeicheldrüse sowie chronische Atemwegserkrankungen zurück. Sie bringen den Betroffenen und ihren Familien viel menschliches Leid und belasten in hohem Maße die Gesundheits-, Sozialsysteme, Wirtschaftskraft und nicht zuletzt die gesamte Volkswirtschaft.“ Soll heißen: Wer den Wirtschaftsstandort stärken will, sollte in Gesundheit investieren.
Der Forderungskatalog im Einzelnen:
- Mit steuerlichen Instrumenten soll gesundes Verhalten gefördert werden. Dazu gehört eine „Limo-Abgabe“ (Herstellerabgabe auf zuckergesüßte Getränke), denn süße Getränke sind ein wesentlicher Treiber für Übergewicht und Adipositas. Ein britisches Modell zeigte: Die Zuckermenge, die Kinder durch Limonaden zu sich nehmen, halbierte sich bereits innerhalb eines Jahres nach Einführung der Steuer. Außerdem fordert die Allianz eine „Gesunde Mehrwertsteuer“, mit der sie ungesunde Lebensmittel stärker besteuern, Gesundes steuerfrei machen will. Und sie setzt sich für „gesunde Verbrauchssteuern“ ein. So sind Alkohol und Tabak hierzulande vergleichsweise günstig. Mit diesen Verbrauchssteuern soll auch eine Sonderabgabe zur Finanzierung von Präventionsprogrammen generiert werden.
- Kinderschutz in der Werbung, um Marketing für Ungesundes einzuschränken.
- Gesundheits- und Kinderschutz bei E-Zigaretten. Die Allianz fordert, Einweg-E-Zigaretten und Aromen zu verbieten. „Studien zeigen, dass aromatisierte E-Zigaretten das Abhängigkeitsrisiko erhöhen und gesundheitliche Schäden begünstigen.“
- Außerdem sollen bei Schul- und Kitaessen die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bundesweit eingeführt werden.
- DANK fordert einen verbindlichen Nutri-Score auf allen Produkten: „Für eine transparente und fundierte Verbraucherentscheidung müssen alle Produkte mit der ´Lebensmittelampel` gekennzeichnet sein.“
- Mehr als drei Viertel der Mädchen und zwei Drittel der Jungen in Deutschland verfehlen die Bewegungsempfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Bewegung. Vor allem Kinder aus Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status sind deutlich weniger sportlich aktiv. Deswegen soll die Bewegung bei Kindern gefördert werden – mit mindestens einer Stunde Bewegung pro Tag in Kita und Schule.
Mehr Prävention: Den Tsunami stoppen

Barbara Bitzer, DANK-Sprecherin und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), sieht dringenden Handlungsbedarf. Eine neue Bundesregierung habe nun die Chance, „endlich wirksame Maßnahmen in Sachen Prävention zu verabschieden, um den Tsunami an nichtübertragbaren Krankheiten aufzuhalten.“ Schließlich ist eine gesunde Bevölkerung einer der entscheidenden Standortfaktoren für eine gesunde Wirtschaft. Eine strukturierte, an kontrollierbaren Zielen entlang entwickelte Präventionsstrategie würde mittelfristig auch die Sozialsysteme entlasten. Denn nur ein vermiedener Herzinfarkt ist ein guter Herzinfarkt – das gilt nicht nur für die Betroffenen, ihre Angehörigen und Freunde, es gilt auch für die Wirtschaft und die Budgets der Krankenkassen: Merkwürdig, dass Gesundheit im aktuellen Wahlkampf weiterhin nur ein Nischenthema ist.
Weiterführender Link:
DANK: Gesundheit stärken, Wirtschaft sichern: 6-Punkte-Plan zur Bundestagswahl 2025
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