Pläne der CDU/CSU: Gesundheitssystem und Pharma stärken

Zu teuer, zu ineffizient: Es ist eine häufige Kritik am hiesigen Gesundheitssystem. Und tatsächlich gibt es noch einige „Effizienzreserven“ zu heben, findet Dr. Georg Kippels, CDU/CSU-Bundestagsabgeordneter und Obmann seiner Fraktion im Ausschuss für Gesundheit. Welche Pläne seine Partei für die kommende Legislaturperiode hat, erzählt er im Interview. Klar ist für ihn auch: Der Innovations- und Produktionsstandort Deutschland muss gestärkt werden.
Dr. Georg Kippels, CDU/CSU-Bundestagsabgeordneter
Dr. Georg Kippels, CDU/CSU-Bundestagsabgeordneter. Foto: Deutscher Bundestag/ Inga Haar

Pflege- und Gesetzliche Krankenversicherung haben massive strukturell bedingte Finanzprobleme. Was sind die Pläne, um das in der nächsten Legislaturperiode in den Griff zu bekommen?

Dr. Georg Kippels: Unser Gesundheitssystem ist ein sehr leistungsfähiges und eigentlich auch sehr gut dotiert. Trotzdem reichen die finanziellen Mittel nicht aus. In meinen Augen hängt das damit zusammen, dass wir in einigen Bereichen Effizienzreserven noch nicht gehoben haben. Behandlungsabläufe müssen optimiert, unnötige Mehrfachuntersuchungen vermieden werden. Es fehlt an einer Patientenführung durch das System, damit die Patientinnen und Patienten zielgerichtet unter Anwendung modernster Behandlungsmethoden therapiert werden können. Hier gibt es verschiedene Ansätze – auch die Digitalisierung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Definitiv muss es nicht zu Leistungskürzungen kommen. Aber wir müssen den riesigen GKV-Katalog mit zum Teil in die Jahre gekommenen Leistungen mal daraufhin überprüfen, ob alles unter heutigen Evidenz-Gesichtspunkten noch Sinn macht.

Zudem belasten versicherungsfremde Leistungen – wie die Beiträge für Bürgergeldbeziehende – das GKV-System…

Kippels: Darüber kann man eigentlich gar nicht mehr ernsthaft diskutieren. Das ist schon immer system-fremd gewesen – versicherungsfremde Leistungen haben sich zu früheren Zeiten aber nicht so ausgewirkt, mittlerweile wird die Dimension immer größer. Sie sind ein Klotz am Bein der Krankenkassen, da muss auf jeden Fall eine Lösung gefunden werden. Ein weiteres großes Potenzial sehe ich bei der Ambulantisierung.

Ambulantisierung
Ambulantisierung: Leistungen in den ambulanten Sektor verschieben. Foto: ©iStock.com/monkeybusinessimages

…das heißt also, dass Leistungen der Gesundheitsversorgung vom stationären Bereich wie Krankenhäusern vermehrt in den ambulanten Sektor (z.B. Arztpraxis) verschoben werden.

Kippels: Das kann unsere Gesamtversorgung verbessern. Man spart Kosten ein und die Patienten werden durch die Behandlungsabläufe weniger belastet – es ist eine Win-Win-Situation.

Sind Spargesetze mit dem Fokus auf Arzneimittel geplant?

Kippels: Nein. Wir werden uns mit einer konstruktiven Fortentwicklung des AMNOG beschäftigen müssen. Das ist ein gutes Gesetz gewesen und ist es immer noch. Aber es passt nicht mehr ganz, weil wir heutzutage andere Wirkmechanismen haben – da sind zum Beispiel Einmaltherapien, die sehr kostspielig sind, aber über einen langen Zeitraum wirken sollen. Da kann man nicht immer einschätzen, ob sie auch wirklich wirken – das muss die Vergütung abbilden. Dies wäre ein guter Anlass, sich mit den Krankenkassen und der Pharmaindustrie zusammenzusetzen: Man könnte zum Beispiel eine risikoadjustierte Vergütung vereinbaren – damit die Kosten nicht explodieren und gleichzeitig Innovationen nicht verhindert werden.

Wollen Sie die Umsetzung der Nationalen Pharmastrategie, welche die Ampel-Regierung auf den Weg gebracht hat, weiterführen?

Innovation ermöglichen
Innovations- und Produktionsstandort Deutschland stärken. Foto: ©iStock.com/howtogoto

Kippels: Sie ist bis jetzt nur sehr rudimentär. Da sind ein paar gute Ansätze drin. Das ist im Moment eine Arbeitsanleitung, die wir aber nicht als verbindlich erachten, sondern wir wollen auf jeden Fall den Dialog suchen mit der Industrie und weiteren Akteuren, weil uns noch einige detaillierte Informationen fehlen, um die Strategie dann wirklich realisierbar zu gestalten.

Was sind die wichtigsten Handlungsfelder, die eine Pharmastrategie in Ihren Augen beinhalten sollte?

Kippels: Wir müssen den Innovations- und Produktionsstandort Deutschland stärken. Wir müssen Sorge dafür tragen, dass weiterhin innovative Produkte zu vertretbaren Konditionen schnell auf den deutschen Markt kommen. Wir müssen das Thema Antibiotika-Versorgung und antimikrobielle Resistenzen ganz intensiv im Auge behalten. Und wir müssen die Versorgung im Generika-Bereich sicherstellen – viele Patientinnen und Patienten sind von Lieferengpässen betroffen und massiv verunsichert.

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