Impfungen sind die Heldinnen der Medizin: Es gibt keine andere medizinische Intervention, die weltweit und historisch betrachtet so viele Menschenleben gerettet hat wie Impfungen. Punkt.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass sie weltweit im Jahr zwischen 3,5 Millionen und 5 Millionen Todesfälle verhindern. Laut Berechnungen eines internationalen Wissenschaftler:innen-Teams haben Impfstoffe zwischen 1974 und 2024 rund 154 Millionen Menschen vor dem Tod bewahrt. Davon waren rund 100 Millionen Säuglinge – der Beitrag zur Senkung der Kindersterblichkeit ist kaum zu überschätzen. Allein durch die Masern-Vakzine waren es zwischen 2000 und 2023 rund 60 Millionen Todesfälle weniger. Und die noch immer an die Wand geredete Covid-19-Impfung hat allein zwischen Dezember 2020 und Dezember 2021 19,8 Millionen Todesfälle in 185 Ländern vermieden.
Aber zu den Fakten gehört auch: Im Jahr 2024 erhielten 14,3 Millionen Kinder gar keine Impfung. Das ist zwar Teil einer Erfolgsgeschichte – 1980 waren es noch fast 59 Millionen – doch die Pandemie und die zurzeit herrschenden geopolitischen Unsicherheiten haben dafür gesorgt, dass die Zahl der so genannten Zero-Dose-Kinder eher stagniert statt weiter zurückgeht.
Sichere und wirksame Impfstoffe: Das Ergebnis intensiver Forschung

Impfstoffe sind das Ergebnis von jahrelanger, oft jahrzehntelanger Forschung – allein der erste Malaria-Impfstoff hat eine 30-jährige Entwicklungsgeschichte hinter sich. Hinzu kommt: Die Herstellung ist anspruchsvoll – Vakzine zu produzieren gehört zu den komplexesten Prozessen der Pharmatechnik. Teilweise bis zu 70 Prozent der gesamten Herstellungszeit werden für Tests und Qualitätskontrollen veranschlagt. Forschende Pharmaunternehmen stellen heute Schutzimpfungen gegen mehr als 30 Krankheiten bereit. Außerdem wird intensiv weitergeforscht. Laut dem LAWG-Report „Der medizinische Wert von Innovationen“ sind derzeit 71 Impfstoffe für die unterschiedlichsten Erkrankungen in den klinischen Phasen 2 und 3 in Entwicklung.
Impfstoffe können viel:
- Sie stärken die Prävention, verhindern Erkrankungen, dämmen ihre Folgeschäden und Ausbrüche ein.
- Weil sie den Infektionsdruck vermindern, helfen sie bei der Eindämmung der heraufziehenden nächsten globalen Gesundheitskrise: der zunehmenden Antibiotika-Resistenz. Modellrechnungen haben gezeigt, dass höhere Impfquoten den Gebrauch dieser Bakterienkiller um 22 Prozent reduzieren könnten – das sind immerhin rund 2,5 Milliarden Tagesdosen.
- Das Ausrollen globaler Impfkampagnen stärkt Gesundheitssysteme vor Ort, weil eine Infrastruktur aufgebaut werden muss, die auch anderweitig genutzt werden kann.
Impfprogramme sind eine clevere Investition
Und schließlich sind hohe Impfraten schlicht eine Investition mit hoher Rendite. Ihr gesamtgesellschaftlicher Mehrwert übersteigt die Kosten für entsprechende Programme um ein Vielfaches, wie das renommierte Office of Health Economics (OHE) aus London herausgefunden hat. Demnach bringen Impfprogramme für Erwachsene der Gesellschaft das bis zu 19-fache der ursprünglichen Investitionen zurück. „Das entspricht gesamtgesellschaftlich einem Netto-Vorteil in Milliardenhöhe und etwa 4.637 US-Dollar pro vollständig geimpfter Person.“ Das internationale Forschungsprogramm „Decade of Vaccine Economics (DOVE)“ hat für den Zeitraum 2011 bis 2020 errechnet, dass für jeden in Impfungen investierten US-Dollar ein Nutzen in Höhe von 26 US-Dollar entsteht, weil die direkten und indirekten Kosten einer Behandlung wegfallen (Cost-of-Illness-Modell). „Impfstoffe retten nicht nur Leben, sie sind auch eine kluge wirtschaftliche Investition“, so das Fazit der Wissenschaft. „Für wenige Dollar pro Kind können Impfungen lebenslange Krankheiten und Behinderungen verhindern und so den öffentlichen Haushalten und dem Gesundheitssystem Ausgaben in Millionenhöhe ersparen.“
Trotzdem leidet das Impfen unter Imageproblemen – auch in Deutschland. Die Gründe für die wachsende Impfskepsis sind vielfältig, finden aber einen starken Resonanzboden in einer generellen Vertrauenskrise und einer Überzeichnung der Risiken und Nebenwirkungen in den sozialen Medien. In der Grippesaison 2023/24 ließen sich gerade noch 38 Prozent der ab 60-Jährigen gegen Influenza impfen (s. Grafik). Einem Großteil wird nicht bewusst sein, welches Risiko sie damit fahren: Das Schlaganfallrisiko nach Grippe-Infektion? Um das Achtfache erhöht. Das Risiko eines Herzinfarktes? Zehnfach größer. Es sind gesundheitliche Risiken, die mit einer Impfung leicht zu vermeiden wären.
Der Artikel ist Teil unserer Serie „Wie Innovation Krankheiten besiegt“: https://pharma-fakten.de/schlagworte/schlagwort/wie-innovation-krankheit-besiegt/. Sie basiert auf dem Report „Der Wert medizinischer Innovationen“ von LAWG Deutschland e.V.: https://lawg-deu.de/studie-wert-von-innovationen-vintura/.
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