Das Überleben von Menschen mit Leukämie konnte mit modernen Blutkrebstherapien deutlich verbessert werden, zeigt eine LAWG-Publikation. Foto: iStock.com / KatarzynaBialasiewicz
Das Überleben von Menschen mit Leukämie konnte mit modernen Blutkrebstherapien deutlich verbessert werden, zeigt eine LAWG-Publikation. Foto: iStock.com / KatarzynaBialasiewicz

Wie Innovation Krankheit besiegt: Leukämien

Früher bestand die Behandlung von Leukämie-Erkrankungen in erster Linie aus Chemo- und Stammzelltherapie. Heute gibt es „mehr Optionen, mehr Personalisierung, mehr Chancen auf Heilung“, schreibt die Agentur Vintura in einer Publikation. Das Überleben der Betroffenen konnte deutlich verbessert werden.

Leukämie meint eine Gruppe von Blutkrebsarten, an denen pro Jahr rund 13.500 Menschen in Deutschland neu erkranken. Es ist die häufigste Krebserkrankung (30%) bei Kindern, betrifft jedoch auch viele ältere Menschen. Bekannt sind vor allem:

  • die Akute Lymphatische Leukämie (ALL),
  • die Akute Myeloische Leukämie (AML),
  • die Chronische Lymphatische Leukämie (CLL)
  • sowie die Chronische Myeloische Leukämie (CML).

Diese Subtypen unterscheiden sich voneinander vor allem durch ihren Ursprungsort und den Krankheitsverlauf. Ihnen ist gemeinsam, dass die Blutzellen durch abnormale weiße Blutkörperchen ersetzt werden. Die Betroffenen können daher an schweren Infektionen oder Blutungen sterben. „Behandlungen wie Chemotherapie und Knochenmarktransplantationen sind sehr belastend und verursachen erhebliche Nebenwirkungen“, heißt es in der Publikation Wert von Innovationen“, die Vintura im Auftrag des LAWG Deutschland e.V. erstellt hat. Im Verein sind 17 weltweit agierende, forschungsorientierte Arzneimittelunternehmen zusammengeschlossen. In dem Bericht wird eine Patientin zitiert, die mit 24 Jahren an AML erkrankt ist und eine Chemotherapie erhielt: „Ich weiß noch, dass ich bei der Diagnose dachte: ‚Oh mein Gott, meine Haare!‘ […] Aber die größte Herausforderung war der Gewichtsverlust. Ich bin so schwach geworden, ich musste mit einem Rollstuhl ins Krankenhaus gebracht werden.“

Leukämie: Über 30 Jahre intensive Forschung

Dr. Christiane Burzik, Medical Lead Therapeutic Area Oncology/Hematology bei Astellas Pharma in Deutschland
Dr. Christiane Burzik, Astellas Pharma. Foto: Astellas

Doch im Bereich der Leukämien hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan. „Inzwischen wird die Diagnostik immer ausgereifter, Deutschland ist auf diesem Feld führend. Auch Künstliche Intelligenz kommt zum Einsatz, um die Krankheit besser einschätzen und zielgerichtete Therapie geben zu können“, sagt Dr. Christiane Burzik, Medical Lead Therapeutic Area Oncology/Hematology bei Astellas Pharma in Deutschland. Zunehmend werden solche neuartigen Therapien zum Standard.

Weltweit haben Pharmaunternehmen seit 1990 über 1.800 klinische Studien mit 180.000 Patient:innen im Kampf gegen Leukämie-Erkrankungen durchgeführt. „Zusammenarbeit ist der Schlüssel“, unterstreicht Dr. Daniele Fiore, Therapeutic Area Lead Haematology bei AstraZeneca Deutschland. Soll heißen: „Innovationen entstehen nicht im Alleingang. Die Fortschritte in der Therapie von Leukämien sind immer das Ergebnis einer engen Verzahnung zwischen akademischer Forschung und Industrie.“ Heute stehen dadurch verschiedene Therapieansätze zur Verfügung. Darunter sind etwa CAR-T-Zelltherapien gegen ALL, die mittels gentechnischer Veränderungen die Immunzellen der Betroffenen fit machen, um die Krebserkrankung selbst bekämpfen zu können. Darunter sind auch sogenannte Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI): So gibt es beispielsweise seit ein paar Jahren einen TKI der zweiten Generation, der als zielgerichtete Therapie bei Patient:innen mit rezidivierter oder refraktärer AML zum Einsatz kommen kann, die eine bestimmte genetische Veränderung – eine FLT3-Mutation – aufweisen. „Der Patienten-Algorithmus wird immer weiter aufgefächert und die Therapie damit immer individueller für die Patient:innen“, so Dr. Burzik.

„Umso wichtiger ist es, dass Ärzt:innen die Patient:innen mit ihren individuellen Bedürfnissen und Wünschen in die Therapieentscheidungen einbeziehen“, findet Dr. Fiore. „Für Menschen mit CLL kann heute zum Beispiel nicht nur eine medikamentöse, orale Dauertherapie, sondern ggf. auch eine zeitlich begrenzte Therapie in Frage kommen. Darüber gilt es zu sprechen und aufzuklären – womöglich entspricht die zweite Variante eher dem Wunsch des Patienten oder der Patientin.“

Die 5-Jahres-Überlebensraten sind in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen. Eine Modellierung auf Basis abgeschätzter Diagnose- und Sterberaten macht deutlich, wie hoch der Anteil der Patient:innen ist, die nicht mehr an ihrer Leukämie-Erkrankung sterben: Er liegt demnach – als Durchschnitt aller Leukämien – bei 59 Prozent. 1975 lag er noch bei unter 40 Prozent. Für die Welt von heute gilt also: „Die meisten Patient:innen überleben nicht nur ein paar Jahre, sondern bleiben Zeit ihres Lebens geheilt“, so das Fazit in der LAWG-Publikation.

Neue Medikamente gegen Leukämie am Horizont

Und die Forschung läuft weiter – für mehr Individualisierung, bessere Verträglichkeit, mehr Therapieoptionen etwa auch bei Rezidiven und in fortgeschrittenen Krankheitsstadien. Kurz gesagt: Ziel ist es, die Komplexität der einzelnen Leukämie-Erkrankungen noch tiefer als bisher zu durchdringen.

Dr. Daniele Fiore, Therapeutic Area Lead Haematology bei AstraZeneca Deutschland
Dr. Daniele Fiore, AstraZeneca. Foto: AstraZeneca

Dr. Fiore ist überzeugt, dass dabei das Messen der „minimalen Resterkrankung“ (MRD) künftig eine zunehmend wichtige Rolle spielen wird: „Wenn es mittels hochsensitiver Methoden gelingt, nach einer Therapie verbliebene Krebszellen im Blut nachzuweisen, die durch eine Mikroskopie oder Durchflusszytometrie nicht erkennbar sind, könnte uns das zum Beispiel helfen, das Rückfallrisiko der Patient:innen besser einzuschätzen und die Therapie entsprechend anzupassen.“

Darüber hinaus gibt es für die klassische Arzneimittelforschung im Bereich der Leukämien noch viel zu tun. „Neue Substanzklassen, Kombinationen und immunologische Ansätze müssen noch besser verstanden werden – wie Menin-Inhibitoren, CAR-T-Zelltherapien oder bispezifische Antikörper“, sagt zum Beispiel Dr. Burzik mit Blick auf die AML. Die Forschung entwickele sich stetig. „Umso wichtiger ist der Orphan Drug-Status für diese Medikamente und Therapien, da oftmals die Patient:innen-Populationen sehr klein sind. Das gewährleistet letztlich die weitere Forschung und damit die verlässliche Versorgung der Patient:innen“.

Der Artikel ist Teil unserer Serie „Wie Innovation Krankheiten besiegt“: https://pharma-fakten.de/schlagworte/schlagwort/wie-innovation-krankheit-besiegt/. Sie basiert auf dem Report „Der Wert medizinischer Innovationen“ von LAWG Deutschland e.V.: https://lawg-deu.de/studie-wert-von-innovationen-vintura/.

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