Während es eine Vielzahl an Demenzformen gibt, unterscheiden sich auch ihre jeweiligen Ursachen. So können Durchblutungsstörungen, Proteinablagerungen oder absterbende Nervenzellen Kennzeichen sein. © iStock.com/fizkes
Während es eine Vielzahl an Demenzformen gibt, unterscheiden sich auch ihre jeweiligen Ursachen. So können Durchblutungsstörungen, Proteinablagerungen oder absterbende Nervenzellen Kennzeichen sein. © iStock.com/fizkes

Ursachen bei Demenz: Risikofaktoren im Überblick

Die Zahl der Demenzkranken in Deutschland nimmt zu und wird auch in den nächsten Jahren weiter ansteigen – schätzungsweise auf bis zu 2,7 Millionen im Jahr 2050 (1). Doch wodurch wird Demenz eigentlich verursacht und welches sind die größten Risikofaktoren? Antworten auf diese und viele weitere Fragen rund um die Entstehung von Demenz erhalten Sie nachfolgend.

Inhalt

Demenz Ursachen einfach erklärt: Was passiert bei einer Demenz im Gehirn?

Demenz ist nicht gleich Demenz. Stattdessen gibt es eine Vielzahl von Demenzerkrankungen , die sich in ihren Ursachen ebenso unterscheiden wie in ihren Symptomen. Die häufigste Demenzform ist Morbus Alzheimer , allgemein als Alzheimer-Krankheit bezeichnet. Sie ist durch schädliche Proteinablagerungen zwischen den Gehirnzellen gekennzeichnet: Plaques (das heißt größere Zusammenlagerungen) aus Amyloid-beta-Proteinen stören die Kommunikation zwischen den Zellen. Zu Beginn der Erkrankung vorrangig im Hippocampus – dem Hirnbereich, der für das Gedächtnis verantwortlich ist. Fibrillen aus Tau-Proteinen führen im weiteren Krankheitsverlauf zu einer Zerstörung der inneren Zellstruktur. Tau-Proteine sind eigentlich für den Erhalt der Zellstabilität verantwortlich. Bei Alzheimer-Demenz nehmen sie jedoch die Form von Fibrillen (mikroskopisch kleine Fasern) an, in welcher sie dieser Funktion nicht mehr nachkommen können.2, 3

Bei anderen Demenzformen liegen der Erkrankung andere Ursachen und Prozesse zugrunde. So ist die zweithäufigste Form der Demenz, die vaskuläre Demenz , eine Folge von Durchblutungsstörungen im Gehirn. Bei einer plötzlichen Demenz nach einem Schlaganfall liegt also vermutlich eine vaskuläre Demenz vor. Die Blutgefäße verstopfen, entweder durch Ablagerungen an den inneren Gefäßwänden oder durch Blutgerinnsel, wodurch die betroffenen Hirnbereiche nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Hält diese Durchblutungsstörung länger an, können Hirnzellen beschädigt werden und letztlich absterben.4

Die eher seltene frontotemporalen Demenz (FTD) ist durch absterbende Nervenzellen in den Schläfenlappen (Temporallappen) sowie im Stirnlappen (Frontallappen) gekennzeichnet. Warum es zu diesem Zellsterben kommt, ist bislang unklar, bei einigen Patient:innen scheint FTD jedoch durch Mutationen in bestimmten Genen ausgelöst zu werden.5

Bei allen genannten Formen der Demenz kommt es im späteren Verlauf zu einer Immunreaktion des Gehirns auf die Schäden, einhergehend mit Entzündungsprozessen, die das Fortschreiten der Erkrankung beschleunigen können.2

Risikofaktoren für Demenz

Auch wenn an der Entstehung einer Demenzerkrankung stets mehrere Faktoren beteiligt sind, gibt es einen wichtigen Risikofaktor, den die meisten Demenzformen gemeinsam haben: das Alter. So steigt das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, statistisch gesehen mit zunehmendem Alter deutlich an. In der Altersgruppe der 65- bis 69-Jährigen sind weniger als zwei Prozent von einer Demenz betroffen, in der Gruppe der über 90-Jährigen sind es hingegen 35 Prozent.6

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl weiterer möglicher Risikofaktoren für Demenz:

Erbanlagen: Erbliche Faktoren können die Entstehung einer Demenz begünstigen. Leiden Verwandte ersten Grades unter einer Demenzerkrankung, ist das eigene Risiko um das Vierfache erhöht.6

Geschlecht:
Zwei Drittel aller Demenzkranken sind Frauen. Forscher:innen vermuten, dass dies nicht ausschließlich an der allgemein höheren Lebenserwartung von Frauen liegt, sondern dass auch hormonelle Faktoren eine Rolle spielen.1

Geringe geistige Aktivität: Eine gute Hirngesundheit ist der Schlüssel zur Vorbeugung einer Demenz. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Wer geistig fit bleibt und auch im Alter regelmäßig neue Dinge lernt, kann sein persönliches Demenzrisiko senken.8

Alkohol:
Übermäßiger Alkoholkonsum fügt dem Gehirn Schäden zu – und jeglicher Schaden am Gehirn begünstigt eine Demenz. Darüber hinaus gilt Alkohol als größter Risikofaktor für frühe Demenzen bei unter 65-Jährigen.7

Einsamkeit/wenige Sozialkontakte: Wer viele Kontakte pflegt und sozial aktiv ist, kann sein Demenzrisiko nachhaltig senken. Personen, die unfreiwillig häufig allein sind und sich einsam fühlen, erkranken hingegen häufiger an einer Demenz, insbesondere an Morbus Alzheimer. 10

Schlechtes Hörvermögen:
Vermutet wird, dass ein schlechtes Hörvermögen zu Veränderungen im Gehirn führt, die das Demenzrisiko erhöhen. Liegt bereits eine neurodegenerative Erkrankung vor, kann schlechtes Hören aber auch eine der Ursachen für herausforderndes Verhalten bei Demenz sein – etwa, weil Betroffene Geräusche nicht mehr richtig einordnen und dadurch nicht mehr wie gewohnt darauf reagieren können.6, 9

Diabetes:
Das Risiko für die beiden häufigsten Demenzerkrankungen, also für Alzheimer-Demenz und vaskuläre Demenz, steigt durch Diabetes an.11

Depressionen:
Das individuelle Demenzrisiko ist bei Vorliegen einer depressiven Störung um das bis zu Sechsfache erhöht.8

Bluthochdruck:
Bluthochdruck erhöht insbesondere das Risiko für die Entstehung einer vaskulären Demenz.4

Nikotin:
Raucher haben insgesamt ein erhöhtes Risiko für neurodegenerative Erkrankungen, so auch für Demenz. So steigert ein starker Nikotinkonsum über mindestens 20 Jahre hinweg das individuelle Erkrankungsrisiko um mehr als 100 Prozent.12

Darüber hinaus gilt es als erwiesen, dass Übergewicht und Bewegungsmangel zu den größten Risikofaktoren für Demenz zählen. Wer sich täglich ausreichend bewegt, profitiert hingegen von einer Schutzwirkung, die sich unter anderem durch eine verbesserte Durchblutung des Gehirns sowie durch die Reduzierung von Entzündungswerten und die Ausschüttung wichtiger Botenstoffe erklären lässt.13

Aktuelle News zum Thema Demenz

Monoklonale Antikörper gegen Alzheimer stehen kurz vor der Zulassung. Sind sie für die Betroffenen ein Hoffnungsträger? Ein Interview mit Jörg Schaub vom forschenden Arzneimittelunternehmen Lilly Deutschland.

Arzneimittel gegen Alzheimer: Kommt jetzt der Durchbruch?

Arzneimittelforschung im Bereich der Alzheimer-Krankheit – das ist nichts für schwache Nerven: Mehr als 20 Jahre lang gab es in dieser Indikation trotz intensiver Anstrengungen keine Neuzulassung. Doch das scheint sich jetzt zu ändern – bei der europäischen Zulassungsbehörde EMA stehen zwei Antikörper auf der Agenda. Sind sie für Menschen mit frühem Alzheimer ein Hoffnungsträger? Ein Interview mit Jörg Schaub. Er leitet beim forschenden Arzneimittelunternehmen Lilly Deutschland die Geschäftseinheit Neuroscience.

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Wer investiert in Wirkstoffkandidaten, deren Entwicklung Milliardensummen verschlingt und bei denen die Chance des Scheiterns fast 100 Prozent ist? Foto: ©iStock.com/Gorodenkoff Productions OU

Pharmaforschung: Unmögliches möglich machen

Wirkstoffe gegen die Alzheimer-Erkrankung zu entwickeln – daran haben forschende Pharmaunternehmen wenig Interesse. Klar, das finanzielle Risiko ist schlicht zu hoch. So lautet einer dieser Mythen, die sich wacker halten, aber einem Faktencheck nicht standhalten. Denn das Geschäftsmodell der Industrie ermöglicht es, dass in Wirkstoffkandidaten investiert wird, die Milliardensummen verschlingen, bei denen die Chance des Scheiterns bisher fast 100 Prozent ist.

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Demenz vorbeugen: das sagt die aktuelle Forschung

Demenzerkrankungen wie Morbus Alzheimer sind bislang nicht heilbar, sondern können allenfalls in ihrem Verlauf verlangsamt werden. Umso besser wäre es daher, eine Demenz gar nicht erst entstehen lassen. An dieser Frage arbeitet die Forschung. So hat eine umfangreiche Meta-Studie gezeigt, dass Omega-3-Fettsäuren das Erkrankungsrisiko für Morbus Alzheimer um bis zu 65 Prozent senken können.14

Des Weiteren analysierten britische Forscher:innen, wie sich die tägliche Schrittzahl auf das individuelle Demenzrisiko auswirkt, mit erstaunlichen Ergebnissen: Personen, die täglich etwa 10.000 Schritte gehen, können ihr Erkrankungsrisiko demnach um 50 Prozent senken. Laufen sie mit einem Tempo von mehr als 40 Schritten pro Minute, sind es sogar 57 Prozent.15

Insgesamt lässt sich feststellen: Ein gesunder Lebensstil mit viel Bewegung, einer ausgewogenen Ernährung und ausreichend geistiger Stimulation ist der beste und einfachste Weg, um einer Demenz bestmöglich vorzubeugen. Trotzdem liegt die Entstehung einer Demenzerkrankung oft nicht in den eigenen Händen.

Weitere Hintergrundinfos zum Thema Demenz

Demenz kann zum Beispiel durch kognitive Beeinträchtigungen, Verhaltensauffälligkeiten oder körperliche Symptome gekennzeichnet sein. Die Anzeichen unterscheiden sich in den einzelnen Phasen der Demenz. © istock.com/LightFieldStudios

Demenz Symptome: Wie macht sich Demenz bemerkbar?

Gedächtnisstörungen, Orientierungsprobleme, Verhaltensauffälligkeiten: Demenzerkrankungen gehen mit einer Reihe von Symptomen einher, die je nachdem, wo das Gehirn geschädigt ist und in welchem Stadium sich die Demenzerkrankung befindet, stark variieren können. Dazu kommt: Eine Demenz kündigt sich Jahre vorher an, entwickelt sich häufig über Jahrzehnte und beginnt teilweise schon lange, bevor es zu ersten Symptomen kommt.

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Vaskuläre Demenz ist eine Demenzform, die ihren Ursprung in den Blutgefäßen des Gehirns hat. Sie kann plötzlich oder schleichend auftreten. © iStock.com/LightFieldStudios

Vaskuläre Demenz: Was ist das?

Die vaskuläre Demenz (VD) ist eine Form der Demenz, die ihren Ursprung in den Blutgefäßen des Gehirns hat – der Begriff „vaskulär“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „die Gefäße betreffend“. Ähnlich wie die Alzheimer-Krankheit manifestiert sich VD in kognitiven Einschränkungen, kann aber je nach betroffener Hirnregion und Ausmaß der Schädigung auch mit körperlichen Symptomen einhergehen.

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Quellen:

  1. Demenzerkrankungen: Es werden immer mehr
  2. https://www.alzheimer-forschung.de/alzheimer/wasistalzheimer/veraenderungen-im-gehirn/
  3. https://www.dasgehirn.info/aktuell/frage-an-das-gehirn/wie-veraendert-sich-das-gehirn-bei-demenz
  4. https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/vaskulaere-demenz/hintergrund
  5. https://www.netdoktor.de/krankheiten/demenz/frontotemporale-demenz/
  6. https://demenz.behandeln.de/demenz-risikofaktoren.html
  7. https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Viel-Alkohol-fuehrt-frueh-in-die-Demenz-227739.html
  8. https://www.kreiszeitung.de/leben/gesundheit/demenz-alzheimer-vorbeugen-wissen-lebensstil-13-risikofaktoren-einer-zr-93446455.html
  9. https://www.uni-leipzig.de/newsdetail/artikel/hoerminderung-erhoeht-risiko-an-demenz-zu-erkranken-2021-04-07
  10. https://www.alzheimer-forschung.de/demenz/vorbeugen/soziale-kontakte/
  11. https://www.agm-online.de/demenz-und-alzheimer/wissensportal-einblickdemenz/01-2016-ueberraschende-verbindung-zwischen-alzheimer-und-diabetes-typ-2
  12. https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/foerdern-zigaretten-die-entwicklung-einer-demenz
  13. https://www.dasgehirn.info/grundlagen/das-gehirn-im-alter/drei-fronten-gegen-demenz
  14. https://www.alzheimer-deutschland.de/aktuelles/alzheimer-praevention/alzheimer-vorbeugen-meta-studie-bewertet-omega-3-hoch
  15. https://www.fr.de/ratgeber/gesundheit/demenz-risiko-senken-alzheimer-schritte-taeglich-laufen-gesundheit-erkrankung-news-91938052.html

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