Vaskuläre Demenz ist eine Demenzform, die ihren Ursprung in den Blutgefäßen des Gehirns hat. Sie kann plötzlich oder schleichend auftreten. © iStock.com/LightFieldStudios
Vaskuläre Demenz ist eine Demenzform, die ihren Ursprung in den Blutgefäßen des Gehirns hat. Sie kann plötzlich oder schleichend auftreten. © iStock.com/LightFieldStudios

Vaskuläre Demenz: Was ist das?

Die vaskuläre Demenz (VD) ist eine Form der Demenz, die ihren Ursprung in den Blutgefäßen des Gehirns hat – der Begriff „vaskulär“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „die Gefäße betreffend“. Ähnlich wie die Alzheimer-Krankheit manifestiert sich VD in kognitiven Einschränkungen, kann aber je nach betroffener Hirnregion und Ausmaß der Schädigung auch mit körperlichen Symptomen einhergehen.

Inhalt

Vaskuläre Demenz: Zahlen und Fakten

Nach Angaben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft leiden in Deutschland etwa 1,8 Millionen Menschen unter einer Demenz. Bei 15 Prozent davon (also bei rund 240.000 Personen) wurde eine vaskuläre Demenz diagnostiziert, was sie zur zweithäufigsten Demenzform nach der Alzheimer-Krankheit (70 Prozent) macht.3 Bei rund einem Fünftel der Personen mit vaskulärer Demenz liegt eine Mischform aus vaskulärer Demenz und Alzheimer Demenz vor.5

Verschiedene Formen der vaskulären Demenz

Mediziner:innen unterscheiden bei der vaskulären Demenz zwischen verschiedenen Formen:2

Ursache einer Multi-Infarkt-Demenz können wiederholte kleine Schlaganfälle sein, die das Hirngewebe schädigen. Diese Form der Demenz beginnt plötzlich und schreitet stufenweise voran.

Bei einer subkortikalen vaskulären Demenz (Morbus Binswanger) führen chronische Durchblutungsstörungen zu Schäden in tiefer liegenden Hirnbereichen.

Strategische Infarkt-Demenz: Durchblutungsstörungen in wichtigen Hirnbereichen wie dem Thalamus und den Basalganglien haben Gedächtnisstörungen und Verhaltensauffälligkeiten zur Folge.

Bei einer Amyloidangiopathie besteht ein Nebeneinander von Hirnblutungen und Hirninfarkten. Diese können beispielsweise durch krankhafte Verdickungen in den Gefäßwänden von kleinen Blutgefäßen verursacht werden.

Symptome und Krankheitsverlauf bei vaskulärer Demenz

Bei vaskulärer Demenz können die Symptome plötzlich oder schleichend auftreten und je nach betroffenem Hirnareal variieren.1 Während für die Alzheimer-Krankheit Gedächtnisprobleme charakteristisch sind, kommt es bei vaskulärer Demenz anfangs vor allem zu:4

  • Schwierigkeiten im Denken und beim Lösen komplexer Aufgaben
  • einer allgemeinen Verlangsamung des Antriebs
  • Stimmungsschwankungen

Später kommen Gedächtnisstörungen, Konzentrationsprobleme und Schwierigkeiten beim Planen und Organisieren hinzu.1 Insbesondere bei der Multi-Infarkt-Demenz leiden Betroffene häufig auch unter körperlichen Symptomen, etwa unter Lähmungserscheinungen und Taubheitsgefühlen.4

Manchmal lassen die geistigen Fähigkeiten stufenweise nach oder sie schwanken und verbessern sich zeitweise sogar wieder. Wie der Krankheitsverlauf im Einzelfall ist, hängt dabei immer davon ab, welcher Hirnbereich wie stark in Mitleidenschaft gezogen wurde und wie gut sich weitere Schäden vermeiden lassen. Vaskuläre Demenz ist keine tödliche Erkrankung, wobei die Lebenserwartung von verschiedenen Faktoren abhängt – etwa vom Alter bei der Diagnose, vom Demenz-Stadium sowie von Begleiterkrankungen.4

Ursachen und Risikofaktoren vaskulärer Demenz

Vaskuläre Demenzen entstehen durch:2

  • Durchblutungsstörungen im Gehirn (zerebrale Ischämien)
  • Hirnblutungen
  • Schlaganfälle

Das Risiko für Hirnveränderungen dieser Art steigt durch Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rauchen sowie durch höheres Alter. Auch genetische Faktoren können eine Rolle spielen – nämlich dann, wenn in der Familie eine Prädisposition für vaskuläre Erkrankungen besteht.1

Daher gilt: Alles, was sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System auswirkt, schützt auch vor vaskulärer Demenz. Ein gesunder Lebensstil mit viel Bewegung und einer ausgewogenen Ernährung ist der beste Weg, um einer vaskulären Demenz vorzubeugen.2

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Vaskuläre Demenz: Diagnostik

Ob eine Demenz vaskulär ist, lässt sich nicht immer eindeutig feststellen, da die Symptome je nach betroffenem Hirnbereich sehr unterschiedlich ausfallen können.1 Eine frühzeitige Diagnose ist jedoch entscheidend für den Verlauf der Erkrankung. Mediziner:innen kombinieren in der Regel viele Einzeluntersuchungen, zum Beispiel:

  • Neuropsychologische Tests (z. B.: Rechen- oder Schreibaufgaben)
  • Untersuchung des Herz-Kreislauf-Systems (z. B. auf Bluthochdruck)
  • Neurologische Untersuchungen (Koordination, Gleichgewichtssinn)
  • Genetische Tests (bei Verdacht auf genetisch bedingte Gefäßerkrankungen)

Bildgebende Verfahren wie eine Magnetresonanztomografie oder eine Computertomografie können Aufschluss über Durchblutungsstörungen und Gewebeschäden im Gehirn geben. Mitunter wird auch eine Ultraschalluntersuchung jener Blutgefäße durchgeführt, die für die Versorgung des Gehirns verantwortlich sind. Um auszuschließen, dass die Demenz sekundäre Ursachen hat (also Folge einer anderen Grunderkrankung oder einer Mangelerscheinung ist), ordnen Ärzt:innen für gewöhnlich eine Blutuntersuchung an. Diese kann beispielsweise einen Vitamin-B12-Mangel aufdecken – wird dieser behoben, lässt sich in den meisten Fällen auch die sekundäre Demenz wieder rückgängig machen.4

Wie wird eine vaskuläre Demenz therapiert?

Allgemein nimmt die vaskuläre Demenz einen fortschreitenden Verlauf –es ist jedoch oftmals möglich, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen, etwa durch:

  • Einstellung des Blutdrucks
  • Gewichtsreduzierung
  • Verbesserung der Blutfettwerte
  • Rauchstopp
  • bei Diabetes: optimale Einstellung des Blutzuckers

Außerdem sollten weitere Risikofaktoren minimiert werden, um die Blutgefäße gesund zu erhalten.1

Behandelt wird die vaskuläre Demenz durch eine Kombination aus medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapiebausteinen. So erhalten Patient:innen häufig Blutverdünner zur Vorbeugung weiterer Schlaganfälle.1 Auch die Gabe von Antidepressiva, Neuroleptika und Antidementiva kann im Einzelfall sinnvoll sein, um Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu erhöhen.4

Ergänzend kommen nicht-medikamentöse Behandlungsformen zum Einsatz (Bewegung, Ergotherapie, Erinnerungsarbeit etc.). Liegt eine Mischform aus vaskulärer Demenz und Alzheimer vor, starten die behandelnden Ärzt:innen oftmals einen Therapieversuch mit Medikamenten, die bei Morbus Alzheimer wirksam sind, beispielsweise mit Acetylcholinesterase-Hemmern.4

Vaskuläre Demenz: Forschung und Innovation

In der Vorbeugung, Diagnose und Therapie von vaskulärer Demenz gibt es interessante Entwicklungen, die hoffen lassen, dass das Krankheitsbild zukünftig seltener auftritt oder zumindest erfolgreicher behandelt werden kann.
Bildgebende Verfahren wie die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) machen Funktionsprozesse im Gehirn mithilfe radioaktiv markierter Substanzen sichtbar. Sie erlauben es, Auffälligkeiten im Hirnstoffwechsel zu erkennen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Demenz hindeuten.10 Auch kognitive Tests wie der MOCA-Test (MOCA steht für Montreal Cognitve Assessment) ermöglichen eine frühzeitige Diagnose von vaskulärer Demenz und ebnen so den Weg zu einer Therapie.6

Astrozyten (auch Sternzellen genannt) gelten als Hoffnungsträger für neue Therapieansätze. Diese Zellen arbeiten eng mit Nervenzellen zusammen und versorgen sie mit lebenswichtigen Nährstoffen. Die Wissenschaft untersucht, wie Astrozyten genutzt werden könnten, um Nervenzellen bei vaskulärer Demenz zu schützen und zu stimulieren. Ziel ist es, aus dem Verständnis ihrer Funktionsweise innovative therapeutische Ansätze abzuleiten. Darüber hinaus wird getestet, ob bereits zugelassene Medikamente helfen können, durch Durchblutungsstörungen entstandene Schäden im Gehirn zu begrenzen oder sogar rückgängig zu machen.11

Außerdem stehen Präventionsstrategien zunehmend im Fokus. Eine ausgewogene Ernährung, viel Bewegung und der Verzicht auf Nikotin und Alkohol tragen dazu bei, die Blutgefäße gesund zu erhalten und damit letztlich auch das Risiko für eine vaskuläre Demenz zu reduzieren.7

Weitere Hintergrundinfos zum Thema Demenz

Morbus Alzheimer ist eine von mehreren Formen der Demenz und macht etwa 70 Prozent aller Demenzfälle aus. © iStock.com/ipopba

Der Unterschied zwischen Alzheimer und Demenz

Die Begriffe Alzheimer und Demenz werden oftmals synonym verwendet. Manche Menschen gehen auch davon aus, dass es sich um zwei verschiedene Krankheitsbilder handelt. Dabei gilt: Demenz ist ein Oberbegriff für etwa 50 verschiedene neurophysiologische Erkrankungen, von denen Morbus Alzheimer lediglich eine ist, wenn auch die häufigste. Mit anderen Worten: Die Alzheimer-Krankheit ist eine von vielen möglichen Formen der Demenz.

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Morbus Alzheimer ist die häufigste Form von Demenz. Es handelt sich um eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung. © istock.com/Piotrekswat

Was ist Alzheimer? Einer Demenzart auf der Spur

Alzheimer-Demenz (lat. Fachbegriff: Morbus Alzheimer) ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung – also eine Erkrankung, die mit dem Abbau von Nervenzellen im Gehirn einhergeht. Fälschlicherweise wird Morbus Alzheimer häufig mit Demenz gleichgesetzt, dabei gilt: Demenz ist der Überbegriff für über 50 hirnorganische Erkrankungen. Alzheimer-Demenz ist nur eine davon.

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Die Alzheimer-Krankheit verläuft in mehreren Phasen. Symptome und Anzeichen werden zunehmend deutlicher. © iStock.com/Tero Vesalainen

Alzheimer Symptome & Anzeichen

Etwa 70 Prozent aller Demenzkranken leiden unter der Alzheimer-Krankheit – der mit Abstand häufigsten Form von Demenz. Mit welchen Symptomen die Erkrankung einhergeht, hängt dabei vor allem vom Krankheitsstadium ab. Bei den meisten Erkrankten beginnt Morbus Alzheimer schleichend und verschlechtert sich stetig, es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Erkrankung einen wechselhaften Verlauf nimmt, der auch Phasen der Besserung umfasst.

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Quellen:

  1. https://www.alzheimer-deutschland.de/ueber-alzheimer-demenz/demenz-formen/vaskulaere-demenz
  2. https://schlaganfallbegleitung.de/folgen/vaskulaere-demenz
  3. https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/Alz/pdf/factsheets/infoblatt1_haeufigkeit_demenzerkrankungen_dalzg.pdf
  4. https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/vaskulaere-demenz/hintergrund
  5. https://pflegebox.de/ratgeber/krankheiten/demenz/vaskulaere-demenz/
  6. https://de.wikipedia.org/wiki/Montreal_Cognitive_Assessment
  7. https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/Focus/JHealthMonit_2023_03_Demenz.html
  8. https://www.alzheimer-forschung.de/forschung/aktuell/
  9. https://www.neuronation.com/science/de/gedachtnistraining-bei-demenz/
  10. https://www.alzheimer-forschung.de/demenz/diagnose/bildgebende-verfahren/
  11. https://www.dzne.de/aktuelles/hintergrund/vaskulaere-demenz/

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