„Inspire Inclusion” lautet das Motto des diesjährigen Welt-Frauen-Tags. Die pharmazeutische Industrie hat viele Beispiele, die zeigen, wie das in der Realität aussehen kann. Foto: ©iStock.com/Nadzeya_Dzivakova
„Inspire Inclusion” lautet das Motto des diesjährigen Welt-Frauen-Tags. Die pharmazeutische Industrie hat viele Beispiele, die zeigen, wie das in der Realität aussehen kann. Foto: ©iStock.com/Nadzeya_Dzivakova

International Women’s Day: Frauen inspirieren Frauen

Das Motto des diesjährigen Welt-Frauen-Tags lautet: „Inspire Inclusion“. Wie das in der Realität aussehen kann? Das zeigen viele Beispiele aus der pharmazeutischen Industrie in Deutschland. Dort ist fast jede dritte Führungskraft weiblich. Rund 40 Prozent der Vollzeit-Beschäftigten sind es ebenfalls. Sie sind Vorbilder für die Nachwuchstalente von heute und morgen.
Frauen in der Pharmabranche
Pharmabranche: Besonders stark sind Frauen in F&E vertreten. Foto: ©iStock.com/AaronAmat

Besonders stark sind Frauen laut dem Pharmaverband vfa in der Forschung und Entwicklung (F&E) vertreten. Sie machen dort 52 Prozent aus (s. Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, 2021). Da ist etwa Wissenschaftlerin Stefanie Gruber, die bei Boehringer Ingelheim als „Lab Scientist“ arbeitet: Mit komplexen Methoden untersucht sie krankheitsverursachende Proteine im menschlichen Körper – dies ist die Basis, um später geeignete Arzneimittel entwickeln zu können (s. Pharma Fakten-Interview). Oder Pharmazeutin Dr. Dorina van der Mey: Sie setzt sich beim Unternehmen Bayer mit präklinischen Wirkstoffkandidaten auseinander – damit sie im besten Fall eines Tages als zugelassenes Medikament in der Behandlung einer Erkrankung zum Einsatz kommen können. Sie sagt: „Die Pharmaindustrie bietet interessante Arbeitsmodelle – mit Teilzeit, mit Homeoffice – und viel Flexibilität. Neben guten Angeboten, was die Vereinbarkeit von Karriere und Familie angeht, gibt es gerade bei großen Unternehmen zum Beispiel auch die Möglichkeit eine Zeit lang ins Ausland zu gehen. So kann man den Beruf an die eigene Lebensphase anpassen“.

Und die Jobmöglichkeiten sind vielfältig: Dr. Corinna Jacob ist als Head of Corporate Affairs bei Amgen für die Kommunikation des Biotechnologie-Unternehmens zuständig. Dr. Klaudia Lepka geht als „Lead Medical Science Liaison Manager“ beim biopharmazeutischen Unternehmen Alexion in den direkten Austausch mit der Ärzteschaft und informiert sie über neueste wissenschaftliche Erkenntnisse. In der Verantwortung von Lina Hohmann, „Associate Director Market Access“, ist es, „den Entscheidungsträgern unseres Gesundheitssystems aufzuzeigen, welchen medizinischen Mehrwert die von Bristol Myers Squibb entwickelten Medikamente haben und warum es wichtig ist, Patient:innen Zugang zu diesen Behandlungen zu ermöglichen“.

Dr. Angelika Imhof, BeiGene, und Dr. Sieglinde Modell, Vertex, leiten die medizinischen Abteilungen innerhalb ihrer Unternehmen. Sanja Njegic hat bei der Pharmafirma BioMarin ihren Traumberuf als „Head of International Patient Affairs“ gefunden – sie tut alles dafür, dass die Patient:innen im Mittelpunkt von Unternehmensentscheidungen stehen. Und Nicole Stelzner hat als Senior Director Government Affairs bei Gilead Sciences im Blick, was sich in der Gesundheitspolitik in Deutschland tut. Sie betont: „Wenn man in der Pharmaindustrie arbeitet, wirkt man sehr konkret daran mit, kranken Menschen Perspektiven zu geben. Zugleich leistet die ökonomische Wertschöpfung auch sozial- und arbeitsmarktpolitisch einen großen Beitrag für die Gesellschaft. Was die Sinnstiftung angeht, gibt es in meinen Augen wenige andere Arbeitsbereiche, die da mithalten können.“

Pharma: Diversität als Stärke

Pharma: Diversität als Stärke
Diversity & Inclusion: Wertvolle Stärke für Unternehmen. Foto: ©iStock.com/Nadzeya_Dzivakova

Pharmazeutische Unternehmen wissen, „dass die Vielfalt der Mitarbeitenden nicht nur großes Potenzial birgt, sondern auch eine wertvolle Stärke für das Unternehmen ist. Diversity & Inclusion in der Belegschaft soll nicht nur ein theoretisches Ideal sein, sondern in der Praxis auch tatsächlich gelebt werden“, heißt es etwa bei Novartis. In Deutschland hat die Firma einen Frauen-Anteil von insgesamt 46 Prozent in Führungspositionen. In der Geschäftsführung ist 1 von 3 Personen weiblich.

Und auch AstraZeneca schreibt „Female Empowerment“ groß. In Deutschland liegt die Frauen-Quote über alle Führungsebenen hinweg bei 49,3 Prozent – als Ziel werden 50 Prozent angestrebt. Darüber hinaus bringt sich das Unternehmen gesellschaftlich ein: Es engagiert sich im „Corporate Women´s Network Hamburg“ (CWN Hamburg). „Im CWN haben sich Frauen aus verschiedenen Branchen zusammengeschlossen, um Erfahrungen auszutauschen, Themen zu diskutieren und Kontakte zu knüpfen. Ziele des Netzwerks sind neben der gegenseitigen Unterstützung die Möglichkeit, verschiedene Perspektiven und Karrierepfade kennenzulernen“, erklärt Dr. Dorothee Schoreit, Vice President Legal Affairs. Dort teilte etwa schon AstraZeneca Deutschland-Chefin Alexandra Bishop ihre beruflichen Erfahrungen – Einblicke kamen auch von starken Frauen anderer Firmen wie SAP Germany, RTL Deutschland oder Google. „Das CWN ist eine Initiative, die ihre Teilnehmer:innen empowern soll und damit auch die Zusammenarbeit in diversen Teams unterstützt. Das ist ein Thema, das uns bei AstraZeneca sehr am Herzen liegt“, so Dr. Schoreit. Die gewonnenen Erkenntnisse lassen sich konkret in Unternehmen umsetzen: „Wir lernen voneinander und stellvertretend für alle Frauen in Wirtschaft, Politik und Forschung“. Frauen inspirieren Frauen – und die Gesamtgesellschaft. Denn von mehr Diversität, von diversen Perspektiven, profitieren letztlich alle.

Gender Health Gap: Noch immer groß

Herzinsuffizienz bei Frauen
Gender Health Gap: Nicht nur bei chronischer Herzinsuffizienz. Foto: ©iStock.com/Tharakorn

Geht es um die Rolle der verschiedenen Geschlechter darf auch das Thema der „Gender Health Gap“ nicht fehlen (s. Pharma Fakten). Denn sie ist noch immer groß: Bei der chronischen Herzinsuffizienz etwa erhalten Frauen die Diagnose 6-mal später als Männer; sie werden doppelt so oft falsch diagnostiziert – unter anderem weil sie häufig andere Symptome zeigen. Oder Endometriose, eine gynäkologische Erkrankung, die jede 10. Frau betrifft: „Wäre Endometriose eine Männerkrankheit, wüsstet ihr genau, was das ist“, sagte einst Wissenschaftsjournalistin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim. Stattdessen tappt die Forschung noch in vielen Bereichen im Dunkeln.

Lange Zeit waren gebärfähige Frauen aufgrund einer Vorsichtsmaßnahme von vielen klinischen Arzneimittel-Studien ausgeschlossen – auch deshalb gibt es große Wissenslücken. Heute gilt: „Medikamente, die für Männer und Frauen bestimmt sind, werden auch mit Männern und Frauen erprobt. Das verlangen die Zulassungsbehörden und das deutsche Gesetz“, so der vfa. Auf einem vergangenen CWN-Event forderte Dr. Doris Henn, Site Management & Monitoring Cluster Direktorin bei AstraZeneca, mit Blick auf die pharmazeutische Forschung: „Wir müssen viel konsequenter schauen, welche Wirkung es bei Frauen und welche es bei Männern gibt.“ Und ihr Kollege Dr. Michael Seewald, Vice President Medical & Regulatory, sagte: „Die Herausforderung der Gendermedizin liegt in der Berücksichtigung von biologischen und sozialen Geschlechtsunterschieden. Dies erhöht die Komplexität in Forschung und Entwicklung. Aber statt aufzugeben, suchen wir aktiv nach Lösungen und lassen uns von erfolgreichen europäischen Modellen inspirieren, etwa einem verbesserten Schwangerschaftsregister.“

Weiterführende Links:

Pharma Fakten-Serie: Pharmajobs

https://www.internationalwomensday.com/Theme

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