Inhalt
Bahnbrechende Arzneien wie Penicillin oder moderne mRNA-Impfstoffe haben Infektionskrankheiten bekämpft, Leben gerettet und das öffentliche Gesundheitswesen grundlegend verändert. Sie sind stille Helden der Medizin – und ein eindrucksvoller Beleg dafür, wie wichtig Investitionen in Forschung und klinische Entwicklung sind.
Der erste Meilenstein der modernen Medizin: Penicillin
Penicillin revolutionierte die Medizin – insbesondere im Zweiten Weltkrieg, als es erstmals in großen Mengen produziert und zur Behandlung verwundeter Soldaten eingesetzt wurde. Bei den Penicillinen handelt es sich um eine Gruppe antibiotisch wirksamer Substanzen, die teilweise natürlich vorkommen, teilweise synthetisch hergestellt werden. Ihre Wirkung entfalten sie im Prinzip immer auf die gleiche Weise: Sie schwächen die Zellwand von Bakterien, sodass diese platzt und die Bakterie stirbt.1 Bis heute sind Antibiotika unverzichtbar im Kampf gegen bakterielle Infektionen. Gleichzeitig hat ihre Geschichte auch ein aktuelles Thema: Antibiotikaresistenzen – ein weltweites Problem, das neue Forschung dringend notwendig macht.
Die Entdeckung von Penicillin
Der Engländer Alexander Fleming gilt offiziell als Entdecker des Penicillins. Sein Zitat „Manchmal findet jemand etwas, wonach er gar nicht gesucht hat“2 fasst die Entdeckungsgeschichte in einem Satz zusammen: Fleming war im Jahr 1928 am St. Mary’s Hospital in London beschäftigt. Im Rahmen seiner Forschungen setzte er eine Staphylokokken-Kultur an und ging dann in die Sommerferien. Nach seiner Rückkehr entdeckte er, dass auf dem Nährboden ein Schimmelpilz wuchs und die Staphylokokken sich in der Nähe des Pilzes nicht vermehrt hatten. Der bakterientötenden Substanz gab er den Namen Penicillin, in Anlehnung an den Namen des Pilzes (Penicillium notatum); sein erster Bericht erschien am 10. Mai 1929 in einer britischen Fachzeitschrift. Fleming kam aber offenbar nicht auf die Idee, Penicillin als Medikament einzusetzen, und auch bei seinen Kollegen fand seine Veröffentlichung kaum Beachtung.1, 2
Bis zur flächendeckenden Verwendung als Antibiotikum sollte daher noch viel Zeit vergehen:
- Ende der 1930er Jahren untersuchten die Wissenschaftler Howard W. Florey, Ernst B. Chain und Norman Heatley die therapeutische Wirkung von Penicillin und veröffentlichten 1940 einen richtungsweisenden Artikel: „Penicillin als chemotherapeutischer Wirkstoff“.
- Die Herstellung von Penicillin war in den Anfangsjahren sehr mühsam und der Stoff so wertvoll, dass er teilweise aus dem Urin der Patienten zurückgewonnen wurde.
- Erst im Laufe des 2. Weltkriegs fanden US-amerikanische Wissenschaftler:innen heraus, dass es günstiger ist, den Pilz in flüssigen Nährmedien zu kultivieren. Zeitgleich wurden neue Stämme gezüchtet, die größere Mengen Penicillin produzierten.
- Ab 1940 wurde Penicillin zur Behandlung von Syphilis eingesetzt, ab 1942 bei Verwundeten.
- 1943 stellten US-Pharmafirmen bereits 1,5 Tonnen reines Penicillin her, im Jahr 1945 waren es über 400 Tonnen. In Deutschland war Penicillin erst ab 1949 allgemein erhältlich.
- 1945 erhielt Penicillin-Entdecker Alexander Fleming gemeinsam mit Chain und Florey den Nobelpreis für Medizin.
- Mittlerweile gibt es mehrere Antibiotika-Klassen, die sich in ihrem Wirkspektrum und ihrer Anwendung unterscheiden. Zum Beispiel Beta-Laktam-Antibiotika (u. a. Penicillin), Glykopeptide, Polyketide, Polypeptide, Aminoglykoside, Lipopeptide und viele mehr.1
Herausforderung für die Medizin: Antibiotika-Resistenzen
„Wenn Du Penicillin nimmst, dann nimm genug davon.“2 – Diesen Ausspruch tat Alexander Fleming bei der Entgegennahme des Nobelpreises 1945 aus gutem Grund: Zu kurze Einnahme oder zu niedrige Dosierung fördern Resistenzmechanismen, sodass die Bakterien unempfindlich gegenüber Antibiotika werden. Resistente Bakterien zählen heute zu den drängendsten Problemen der Medizin, weshalb antibiotische Forschung und die Entwicklung neuer Antibiotika wichtiger sind denn je. Auf Betreiben der Weltgesundheitsorganisation WHO wurde daher die „Globale Partnerschaft für Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika“ (GARDP: „Global Antibiotic Resarch and Development Partnership“) ins Leben gerufen, in Deutschland hat das Bundesministerium für Gesundheit die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie DART 2030 entwickelt, deren Ziel es ist, den sachgerechten Einsatz von Antibiotika zu fördern und Resistenzen durch internationale Kooperation und Wissensaustausch zu bekämpfen.3
Penicillin und Robert Koch: Was hat Robert Koch entdeckt?
Oftmals wird fälschlicherweise angenommen, Robert Koch hat das Penicillin erfunden, doch das ist falsch. Die Penicillin Entdeckung und die Identifizierung von Penicillin als Antibiotika sind kein Verdienst von Robert Koch, sondern von Alexander Fleming. Doch was hat Robert Koch erfunden?
Auch wenn Koch das Penicillin nicht erfunden hat, gilt er als wichtiger Wegbereiter der Infektionsmedizin:
- Koch kultivierte 1876 den Milzbrand-Erreger außerhalb des Organismus und beschrieb erstmals dessen Lebenszyklus.
- 1882 entdeckte Koch den Tuberkulose-Erreger, 1883 bestimmte er den Erreger von Cholera.
- 1890 formuliert er die Henle-Koch-Postulate – grundlegende Prinzipien, um den Zusammenhang zwischen Krankheiten und bestimmten Mikroorganismen nachzuweisen.4
Aktuelle News aus der Pharmaforschung

Brustkrebs: „Es gibt viele Leben zu retten!“
„Innovative Therapien bei Brustkrebs: Da geht die Post ab“, weiß Gynäkologin Prof. Dr. Nadia Harbeck. Was eine gute Nachricht ist, stellt gleichzeitig eine große Herausforderung dar: für medizinische Fachkräfte, die den Überblick angesichts dieser Wissensexplosion behalten wollen; für die Versorgungsstrukturen, die nicht ausreichend auf neue Behandlungskonzepte eingestellt sind. Es muss sich etwas ändern – sonst sind die Patient:innen die Leidtragenden.

Klinische Studien: Koordinator:innen dringend gesucht
Klinische Studien sind ein Motor für medizinischen Fortschritt – hier entscheidet sich, ob aus einer Idee zur Behandlung einer Krankheit ein zugelassenes Arzneimittel wird, das wirksam und sicher ist. Die Komplexität solcher Medikamentenstudien hat über die Jahre stark zugenommen. Entscheidend für den Erfolg einer Studie sind deshalb die Studienkoordinator:innen oder Study Nurses. Doch es herrscht Mangel an Fachkräften – und das könnte den medizinischen Fortschritt einbremsen. Ein Interview mit Gesa Voß, Studienkoordinatorin für Klinische Studien am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH).

„Das Vertrauen in das Gesundheitssystem ist rückläufig“
16.000 befragte Menschen in 16 Ländern, davon 1.000 in Deutschland: Die Kommunikationsagentur Edelman hat untersucht, wie es um das Vertrauen der Bevölkerung in das Gesundheitssystem bestellt ist. Die Ergebnisse sind ein Weckruf. Ein Interview mit Karl Stubbe, Head of Health bei Edelman Deutschland.
Geschichte der Impfstoffe – Der präventive Durchbruch
Lange bevor Antibiotika gegen bakterielle Infektionskrankheiten verfügbar waren, wurde bereits ein anderer medizinischer Ansatz verfolgt: Krankheiten verhindern, bevor sie entstehen.
Den Anfang machte Edward Jenner, der Ende des 18. Jahrhunderts mit Kuhpockenmaterial experimentierte und so die erste Impfung gegen Pocken entwickelte.
Im Laufe der Zeit folgten Impfstoffe gegen Tetanus, Diphtherie, Polio und viele weitere Erkrankungen. Anders als oft angenommen war Robert Koch zwar nicht der Entdecker des Penicillins, doch seine Beiträge zur Identifikation von Erregern (z. B. Tuberkulose) legten den Grundstein für gezielte Impfstoffentwicklung.
Die wechselvolle Geschichte der Impfstoffe hier im Überblick:
- 1796: Edward Jenner entwickelt die erste Impfung gegen Pocken, indem er das Kuhpockenvirus verwendet. Dies gilt als Geburtsstunde der modernen Vakzinologie.
- 1885: Louis Pasteur führt die erste Impfung gegen Tollwut durch, basierend auf geschwächten Viren.
- Es folgten weitere Impfstoffe, die von Forschern wie Robert Koch und Emil von Behring entwickelt wurden, darunter Impfstoffe gegen Tetanus, Cholera und Diphtherie.
- 1955: Jonas Salk entwickelt den ersten inaktivierten Polioimpfstoff (Totimpfstoff).
- 1960er-70er Jahre: Einführung des MMR-Impfstoffs gegen Masern, Mumps und Röteln.
- 1980: weltweite Ausrottung der Pocken durch umfassende Impfkampagnen der WHO5
- 1981: Einführung des weltweit ersten Hepatitis-B-Impfstoffs – zunächst aus Blutplasma gewonnen, später rekombinant hergestellt. Dies markiert den Beginn der gentechnisch produzierten Impfstoffe.
- 1990er Jahre: Entwicklung weiterer kombinierter Kinderimpfstoffe (z. B. Sechsfachimpfstoff gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Polio, Hib und Hepatitis B).
- 2007: Einführung des HPV-Impfstoffs zur Prävention von Gebärmutterhalskrebs und anderen durch Humane Papillomviren verursachten Tumoren.
- 2008: Erste Zulassung eines Grippeimpfstoffs aus Zellkultur.
- 2020: Zulassung des ersten mRNA-Impfstoffs gegen COVID-19 – der Beginn einer neuen Ära in der Impfstofftechnologie.
- Ab 2022: mRNA-Technologie wird in Studien zur Krebsimpfung sowie zu Impfstoffen gegen RS-Virus, Grippe und HIV getestet – mit ersten vielversprechenden Ergebnissen.
- 1796: Edward Jenner entwickelt die erste Impfung gegen Pocken, indem er das Kuhpockenvirus verwendet. Dies gilt als Geburtsstunde der modernen Vakzinologie.
Wie funktionieren Impfstoffe?
Im Kern geht es darum, das Immunsystem durch abgeschwächte oder tote Erreger „vorzubereiten“. So kann es im Ernstfall schneller und gezielter reagieren – ein Prinzip, das bis heute unverändert gilt, auch wenn moderne Impfstoffe hochkomplexe Technologien nutzen. Dabei unterscheidet man zwischen verschiedenen Impfstoffarten:
- Lebendimpfstoffe (z. B. gegen Masern) enthalten abgeschwächte Krankheitserreger.
- Totimpfstoffe (z. B. gegen Tollwut) enthalten inaktivierte Erreger.
- Protein-basierte Impfstoffe (z. B. gegen Hepatitis B) enthalten spezifische Proteine eines Erregers.
- mRNA-Impfstoff (z. B. COVID-19) enthält genetisches Material eines Erregers.
- Vektor-Impfstoffe (z. B. Ebola) enthalten gentechnisch veränderte Viren, die als Vektor dienen.
mRNA-Impfstoffe – Der Innovationsschub der Gegenwart
Zu den wichtigsten medizinischen Innovationsschüben der Gegenwart zählen mRNA-Impfstoffe. Bei einer mRNA-Impfung werden keine Bestandteile des Erregers verabreicht, sondern lediglich die genetische Bauanleitung für ein spezifisches Protein. Das Protein wird von den Zellen hergestellt und löst eine Immunantwort aus. Die mRNA-Bedeutung kann nicht groß genug bewertet werden, denn:
- mRNA-Impfstoffe können besonders schnell und flexibel hergestellt werden. Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie konnten so viele Menschenleben gerettet werden.
- Bei einer mRNA-Impfung findet kein direkter Kontakt mit dem abgeschwächten oder inaktivierten Erreger statt.
- mRNA-Impfstoffe sind leicht modifizierbar und können schnell an neue Virus-Varianten angepasst werden.
- mRNA-Impfstoffe können eine starke und langanhaltende Immunantwort auslösen.5, 6
Was ist mRNA eigentlich?
Messenger-RNA (mRNA) ist eine Art molekularer Botenstoff, der dem Körper beibringt, ein ungefährliches Stück eines Virus selbst herzustellen. Das Immunsystem erkennt dieses Teilstück als fremd – und entwickelt gezielt Abwehrkräfte. mRNA-Impfstoffe haben die Entwicklung moderner Impfstoffe grundlegend verändert und eröffnen vielversprechende Möglichkeiten für den Einsatz bei weiteren Krankheiten, darunter Krebs und seltene genetische Störungen. Sie stehen exemplarisch für die transformative Kraft von Innovationen, die die medizinische Forschung vorantreiben und die Gesundheit und Lebensqualität der Gesellschaft nachhaltig verbessern können.7
Weitere Meilensteine der Medizin

Von Penicillin bis mRNA-Impfstoffe: Die bahnbrechendsten Arzneimittel-Innovationen
Millionen Leben gerettet – durch Schimmel? Was wie ein schlechter Witz klingt, markierte tatsächlich den Anfang einer medizinischen Revolution: die Entdeckung des Penicillins. Seitdem haben innovative Arzneimittel immer wieder gezeigt, wie sehr medizinischer Fortschritt das Leben unzähliger Menschen verändert.

Revolutionäre Technologien, die die Medizin verändert haben – und noch verändern werden
Die Medizin hat in den vergangenen Jahrhunderten beeindruckende Fortschritte gemacht – angetrieben durch Technologien, die die Art und Weise, wie wir Krankheiten diagnostizieren und behandeln, grundlegend verändert haben. Von der revolutionären Entdeckung der Röntgenstrahlung, die einen Blick ins Innere des menschlichen Körpers ermöglicht, über die Entwicklung von Antibiotika, die bereits Millionen von Menschenleben gerettet haben, bis hin zu modernen Innovationen wie CRISPR und Nanotechnologie, die eine völlig neue Ära der Medizin einläuteten. Wie diese Technologien die Vergangenheit geprägt haben und die Zukunft maßgeblich beeinflussen werden, erfahren Sie in diesem Artikel. Werfen wir einen Blick auf die Geschichte.

Antoni van Leeuwenhoek und die Erfindung des Mikroskops
Kleine Dinge sichtbar machen: Das ist die wörtliche Übersetzung des Begriffs „Mikroskop“. Der niederländische Naturforscher Antoni van Leeuwenhoek hat unser Verständnis von der Welt maßgeblich verändert, indem er uns mit seinen Mikroskopen das Tor zur Welt des winzig Kleinen öffnete und es der Menschheit ermöglichte, Bakterien, Protozoen und andere Mikroorganismen zu entdecken und zu untersuchen. So revolutionierte Leeuwenhoek die Biologie und die Medizin und legte den Grundstein für unser modernes Verständnis von großen und kleinen Lebewesen.
Quellen:
- https://de.wikipedia.org/wiki/Penicilline
- https://www.deutschlandfunk.de/entdeckung-des-penicillins-ein-zufall-100.html
- https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/antibiotika-resistenzen/erforschung-und-entwicklung-neuer-antibiotika.html
- https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Koch
- https://de.wikipedia.org/wiki/Impfstoff
- https://www.gesundheit.gv.at/leben/gesundheitsvorsorge/impfungen/impfstoffarten.html
- https://www.impfen.de/wissenswelt/genbasierte-impfstoffe/